Thüringer Grüne: Putsch der Konservativen

Überraschend wurde Astrid Rothe-Beinlich nicht zur Vorsitzenden ihrer Fraktion gewählt. Linke Grüne sprechen von einem Putsch, die Parteispitze redet die Personalie herunter.

"Die Fraktion ist mehr als nur ihr Vorsitz", erklärt die durchgefallene Astrid Rothe-Beinlich. Bild: dpa

Selbst für grüne Verhältnisse sind es scharfe Vorwürfe. "Dass sie Astrid nicht zur Fraktionsvorsitzenden gewählt haben war eindeutig ein Putsch, die wollen sie weiter demontieren", sagte ein relevantes Parteimitglied der Thüringer Grünen der taz.

"Die", das sind die Thüringer Grünen des konservativen Flügels um die ehemalige Landeschefin und jetztige Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckard. Es ginge dabei um Macht und darum, Rot-Rot-Grün zu verhindern, so der linke Grüne. "Die Sondierungsgespräche sollen zum Scheitern gebracht werden."

Astrid Rothe-Beinlich vertritt seit Jahren dezidiert linke Positionen, sie hat den Landesverband maßgeblich mit aufgebaut und den "Karren aus dem Dreck gezogen", wie es Parteifreunde formulieren. Bei der Landtagswahl Ende August hat sie die Grünen nach 15 Jahren erstmals wieder ins Thüringer Landesparlament gebracht. Die Früchte ihrer Arbeit ernten jetzt aber die anderen, die "Reformer", wie sie sich selbst gerne nennen, so der Vorwurf des linken Flügels.

Denn am vergangenen Freitag hat die sechsköpfige Grünen-Fraktion überraschend nicht ihre Spitzenkandidatin zur Fraktionsvorsitzenden gewählt, sondern die 32-jährige Anja Siegesmund aus Jena. Sie hat fünf Jahre für Katrin Göring-Eckardt gearbeitet und gehört zu den konservativen Grünen. Für Rothe-Beinlich blieb immerhin der Posten als parlamentarische Geschäftsführerin. Dennoch eine Niederlage für den linken Flügel.

Ein anderes Parteimitglied, das nicht genannt werden will, erklärte: "Das eigentliche politische Schwergewicht der Thüringer Grünen ist ohnehin Katrin Göring-Eckard." Es würde jetzt ein neues Kapitel eingeleitet, der Landesverband rücke "in die Mitte, obwohl der linke Flügel wesentlich größer ist." Doch bei der Listenaufstellung für die Landtagswahl wurden drei linke und drei moderate Grüne auf die ersten sechs Plätze gesetzt, in der Fraktion ist so eine Pattsituation entstanden. Rothe-Beinlich wurde nicht zugetraut, die Fraktion in den kommenden Jahren zusammenzuhalten. Der jungen Anja Siegesmund, die erst seit sechs Jahren Grüne ist und daher nicht alle alten Kämpfe mit ausgetragen hat, wohl schon.

Die Grünenspitze selbst stellt den Sachverhalt - wenig überraschend - anders dar. Während der Sondierungsphase und kurz vor der Bundestagswahl will niemand interne Grabenkämpfe öffentlich diskutieren. Astrid Rothe-Beinlich sagt etwa Sätze wie: "Die Fraktion ist mehr als nur ihr Vorsitz" und "Ich bin gar nicht zur Wahl angetreten, weil ich im Bundesvorstand bleiben will." Das klingt wenig überzeugend.

Auch Anja Siegesmund spielt das Thema runter. "Ich habe für Sachpolitik geworben und gesagt: Lasst uns die alten Animositäten beiseite legen." Es komme darauf an, als Fraktion jetzt geschlossen aufzutreten.

Derweil drängt sich Katrin Göring-Eckardt, die gar nicht zur Fraktion gehört, immer mehr in den Vordergrund. Vielen Landesgrünen stößt das bitte auf. Sie fragen sich, mit welcher Berechtigung sie plötzlich das Heft in der Hand halte. Das Gerücht, sie könne die Kompromiss-Ministerpräsidentin in einer Rot-Rot-Grünen Koalition werden, dementierte sie zwar, ließ sich dafür jedoch reichlich Zeit.

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