Der Bausenator und die Stadtplanung: "Wir brauchen Verbindungen"

Im Streit um die Stadtwerder-Bebauung erklärt Bausenator Reinhard Loske, warum die geplante Sichtachse keine ist und wie sie der sozialen Durchmischung dient.

Müssen vielleicht bald weichen: Die Bäume an der kleinen Weser. Bild: miba

taz: Herr Loske, Sie wollen den Stadtwerder verschönern und handeln sich Proteste ein. Was ist da schief gegangen?

Reinhard Loske: Das ist ein Konflikt, den hier im Haus niemand so erwartet hatte - jedenfalls nicht, dass er sich an der Grünplanung entzünden würde. Ich vermute, dass das mit der geplanten Bebauung des Rettungshafens zusammenhängt, da hat sich etwas kumuliert. Man muss aber ganz deutlich sagen: Wer nicht will, dass sich die Stadt breiförmig ins Umland ergießt und gegen eine Bebauung des Hollerlands oder der Osterholzer Feldmark ist, der kann nicht sagen, Innenverdichtung ja, aber nicht vor meiner Haustür.

Bei der geplanten 30 Meter breiten Sichtschneise durch das Wäldchen an der kleinen Weser geht es nicht um Innenverdichtung, sondern um den freien Blick aufs Wasser.

Das Wort Sichtschneise würde ich nicht benutzen. Das hört sich an, als würde dort rücksichtlos etwas durchgebolzt. Ich bin Naturschützer und habe nicht vor, den Anteil der Grünflächen auf dem Stadtwerder zu verringern. Momentan gibt es an der Umgedrehten Kommode eine nicht zugängliche, versiegelte Fläche. Ein Teil davon wird nun in öffentliche Grünanlagen umgewandelt. Am Ende werden dort sogar mehr Bäume stehen als jetzt.

Aber wenn es keine Sichtschneise ist - was dann?

Eine Sichtbeziehung. Uns geht es darum, den Stadtwerder mit der Neustadt zu verbinden. Dazu gehört auch ein Wegekonzept - was gegenüber dem ursprünglichen Entwurf schon weit reduziert wurde. Wir wollen nicht, dass auf der einen Seite "die Begüterten" leben und auf der anderen die Normalbevölkerung, sondern Beziehungen herstellen und die soziale Durchmischung fördern.

Das haben Sie offenbar nicht vermitteln können.

Wir haben den Beirat umfassend und intensiv einbezogen, aber wir können in dieser Hinsicht sicher noch besser werden.

Das heißt?

Wir brauchen eine neue Planungskultur mit frühzeitigerer Bürgerbeteiligung.

An der kleinen Weser kommen Sie damit jetzt zu spät.

Nein, ich halte diesen Konflikt für lösbar, weil auch wir den Grünbestand möglichst weit schonen wollen. Darüber wollen wir jetzt mit den Bürgern und Bürgerinnen diskutieren.

Was ist noch verhandelbar?

Wir wollen, dass man zum Wasser gehen und blicken kann. Ob es nun genau 30 Meter und genau die Treppe am Ufer sein müssen wie vorgeschlagen, das steht noch nicht fest.

Und beim Rettungshafen?

Eine mögliche Bebauung muss dort mit der Zugänglichkeit der Weser verknüpft sein. Dass jetzt Argumente vom "privatisierten Ufer" oder - wie es die Linke verbreitet - von "Bonzenwohnungen" kommen, ärgert mich. Natürlich entsteht dort hochwertiger Wohnraum - weil er gesucht wird. Wäre der Widerstand geringer, wenn man dort Sozialwohnungen bauen würde? Ich habe ein Problem damit, wenn durchaus nachvollziehbare Einzelinteressen wie der freie Blick auf die Weser im Gewande des Allgemeinwohls daherkommen.

Aber diese Sprüche kommen doch nicht von ungefähr: Als armer Mensch wird man sich weder die Wohnungen im Rettungshafen, noch auf dem SWB-Gelände leisten können.

Das stimmt. Ich habe aber keinen Einfluss darauf, wer die Grundstücke kauft und mit welchen Preisen die Bauträger an den Markt gehen.

Von sozialer Durchmischung, wie Sie eingangs sagten, kann also keine Rede sein.

Doch, wenn man den Stadtwerder an die Neustadt anbindet. Deshalb halte ich eine Fußgängerbrücke dort auch für sinnvoll. Ich finde es gut, wenn die Neustadt für unterschiedlichste Lebensentwürfe anziehend ist. Klar ist, dass es kein Reichen-Ghetto werden darf. Aber an dem Punkt sind wir auch nicht.

Es fällt auf, wie viel derzeit in Bremen für die besser Betuchten gebaut wird, etwa in der Überseestadt.

Moment, wir wollen auch gemeinschaftliches und bauträgerfreies Wohnen stärker fördern. Wir haben durchgesetzt, dass es möglich ist, Grundstücke nicht nur nach dem höchsten Preis zu veräußern, sondern die Vergabe auch am gesellschaftlichen Nutzen und Kriterien der Stadtentwicklung auszurichten. Ein Beispiel dafür ist das Hansewasser-Grundstück in Schwachhausen, das jetzt für gemeinschaftliches Wohnen ausgeschrieben werden soll. Ich lege großen Wert darauf, dass die Stadt beim Grundstücksverkauf nicht nur auf größtmögliche Einnahmen achtet, sondern gezielt Stadtentwicklungsmaßnahmen verfolgt.

Zum Beispiel auf dem Gelände des Klinikums Mitte?

Wir werden in den nächsten Wochen unsere Vorstellungen präsentieren, wie die Fläche, die dort frei wird, aussehen soll.

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