Apfel-Anbau: Ein Gen ist kein Gen

Die Gentechnik darf auf keinen Fall im Obstbau angewandt werden, warnt der Umweltverband BUND. Stattdessen will er das Alte Land zur gentechnikfreien Region ausrufen. Obstbauern und Forscher zögern.

Noch nicht resistent: Durch Gentechnik könnte man das ändern. Bild: dpa

Der Umweltverband BUND sorgt sich, dass die Gentechnik in den Obstbau des Alten Landes einziehen könnte. Neue Züchtungen versprechen Krankheitsresistenzen, die mit Hilfe angeblich sicherer gentechnischer Verfahren zu Stande gebracht wurden und daher für die Bauern interessant sind. Um das zu konterkarieren, will der BUND vor den Toren Hamburgs eine gentechnikfreie Region einrichten. Vertreter der Bauern und der Obstbauversuchsanstalt in Jork halten das für unrealistisch und unnötig.

Sorgen machen dem BUND die Forschungen an der ETH Zürich und der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAFZ) in Dresden. Der Schweizer Forscher Cesare Gessler hat eine gentechnische Methode entwickelt, Äpfel gegen den häufig auftretenden Pilzbefall - Schorf - resistent zu machen. Dafür überträgt er das entsprechende Gen eines Wildapfels ins Genom eines Kulturapfels, der seine übrigen Eigenschaften behalten soll.

Gessler hält diesen Weg für ökologisch vertretbar, weil ja schließlich nur ein Apfel-Gen auf eine andere Apfelsorte übertragen werde. Das entsprechende Gen sei schon jahrhundertelang im Umlauf und stelle daher kein Problem für die Gesundheit oder das Ökosystem dar. Ein ähnliches Projekt, bei dem auch eine Resistenz gegen Mehltau angepeilt wird, verfolgte die BAFZ.

Das milde Seeklima hat das Alte Land, südlich der Elbe vor den Toren Hamburgs gelegen, zu einem der größten Obstanbaugebiete Europas werden lassen. Prächtige alte Bauernhöfe zeugen davon, dass Obst in der Vergangenheit eher als Süßigkeit denn als substanzieller Nahrungsbestandteil galt - ein Luxus, mit dem sich gutes Geld verdienen ließ.

Drei Meilen entlang des Elbufers gliedern das Alte Land: die erste zwischen den Flüssen Schwinge und Lühe, die zweite östlich davon bis zur Este, die dritte bis zur Süderelbe.

Obst: Die große Mehrheit der Bäume tragen Äpfel, dazu kommen Kirschen und auch Pflaumen und Zwetschgen.

Der Gentechnik-Experte des BUND, Wolfgang Hanneforth, teilt Gesslers Optimismus nicht. "Bei der Übertragung einzelner Apfel-Gene in andere Äpfel treten alle bei der herkömmlichen Gentechnik bekannten Risiken auf", sagt der emeritierte Biologie-Professor. Dazu gehöre die Unverträglichkeit für Menschen und Tiere sowie die unkontrollierte Ausbreitung in der Natur. Die Gentechnik sei im Fluss; heute sei unklarer denn je, was überhaupt als Gen betrachtet werden könne und wie die Bestandteile des Genoms zusammenspielten. Entsprechend vorsichtig sei bei der Anwendung der Gentechnik zu verfahren.

Der BUND verhandelt - wie sein Hamburger Landesgeschäftsführer Manfred Braasch sagt - seit anderthalb Jahren mit Vertretern der Bauern und der Obstbauversuchsanstalt über eine gentechnikfreie Region. Das Alte Land sei zwar zurzeit gentechnikfrei, sagt er, doch die Bauern blickten mit wachem Auge auf die Dresdener Forschungen, sodass zu befürchten sei, dass sie bei Gelegenheit gentechnisch veränderte Sorten anpflanzten. Würde das Alte Land dagegen zur gentechnikfreien Region ausgerufen, ließe sich damit bei den oft gentechnikkritischen Kunden punkten. "Das Alte Land hätte mit mehr als 1.000 Betrieben die Strukturen, das offensiv zu nutzen", sagt Braasch.

"Das hätte keine Wirkung", sagt dagegen Gerd Beckmann, der im niedersächsischen Bauernverband den Obstbau vertritt. Der Handel verlange schon heute von den meisten Betrieben gentechnikfreie Ware. Es gebe im Moment keine Notwendigkeit, das Alte Land für gentechnikfrei zu erklären. Dazu kommt der Blick auf die Zukunft: "Wenn es irgendwann etwas erfolgversprechendes gibt, glaube ich nicht, dass wir uns dem verschließen können", sagt er.

Karsten Klopp, Leiter der Obstbauversuchsanstalt, ist der Begriff "Gentechnik" zu breit gefasst. Sein Institut ermittle Schadorganismen mit gentechnischen Methoden. In einer breit definierten gentechnikfreien Region hätte eine solche Forschung keinen Platz mehr.

Klopp sieht keinen Handlungsbedarf. "Es gibt keine gentechnisch veränderten Obstsorten, die für uns relevant sind", sagt er. In den nächsten zehn Jahren seien keine gentechnisch veränderten Obstpflanzen zu erwarten, die ein Jahr lang Wind und Wetter trotzen könnten.

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