"Unerhört"-Protokoll: "Was macht die Rebzikade hier?"

Im Weinbau gibt es Nützlinge und Schädlinge, die den Sprung über die Alpen geschafft haben, sagt Biowinzer Klaus Hohlreiter. Wegen des Klimawandels, fürchtet er, kann er bald keinen Riesling mehr anbauen.

Ärgert sich über zu viel Bürokratie: Biowinzer Klaus Hohlreiter. Bild: kirsten küppers

Ich wollte nicht selbst in der Giftwolke rumfahren, die man verspritzt beim Besprühen der Weintrauben. Das war ein Hauptgrund, warum ich Biowinzer geworden bin. In der Bekanntschaft hatte ich zwei Fälle, die haben schlechte Erfahrungen gemacht damals mit den Insektiziden. Die wurden krank und so weiter. Und ein Freund von mir, der war schon umgestiegen auf ökologischen Weinbau. Da hab ich gesehen, es klappt. Das hat mich dann vollkommen überzeugt. Ich mach das jetzt seit 1983. Ich hab den Betrieb übernommen und gleich umgestellt. Vorher lief der Betrieb auf den Namen meiner Schwiegermutter, da wurde konventionell bewirtschaftet. Wünsche habe ich einige: Für meinen Betrieb würde ich mir weniger Bürokratie wünschen. Ich habe nur einen Kleinstbetrieb mit zwei Angestellten, aber wie viel ich jede Woche im Büro sitze, das geht wirklich auf keine Kuhhaut. Dann erwarte ich von der Politik, dass langsam, aber sicher mit dem Rückzug deutscher Soldaten aus Krisengebieten begonnen wird. Dann erwarte ich, dass ökologisch arbeitende landwirtschaftliche Betriebe weiter unterstützt werden. Und außerdem hoffe ich auf verstärkte Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels. Wind-, Wasser und Sonnenenergiesysteme sollen weiterentwickelt und unterstützt werden. Das fände ich wichtig. Ich merke den Klimawandel hier nämlich schon ganz deutlich: Mittlerweile gibt es für den Weinbau sowohl Schädlinge als auch Nützlinge, die den Sprung über die Alpen gepackt haben. Sonnenanbeterinnen gibt es jetzt, irgendwelche Falter. Und was macht wohl die Rebzikade hier? Die hat erst seit fünf oder zehn Jahren bei uns Fuß gefasst, die gab es vorher nicht. Natürlich führ ich das auf den Klimawandel zurück! Ein anderes Beispiel ist der Riesling. Der ist hier in der Gegend die Hauptrebsorte. Den setzt man bei uns nur in den besten Lagen. Mittlerweile muss man aber schon dazu übergehen, den in schlechtere Lagen zu setzen. Weil die Rieslingtrauben sonst nach heißen und trockenen Sommern nicht mehr rieslingtypisch sind. Wenn der Klimawandel weiter so fortschreitet, dann kann man bei uns bald keinen Riesling mehr anbauen. Dafür wird jetzt schon in Südschweden Wein angepflanzt. Und wir bauen mittlerweile Rebsorten an, die vor fünfzehn Jahren nie ausgereift wären. Ich habe jetzt zum Beispiel Merlot. PROTOKOLL: KIRSTEN KÜPPERS

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.