Schifffahrtskrise: Beschäftigte verzichten für Hapag Lloyd

Die Reederei Hapag Lloyd wird jeden zehnten Arbeitsplatz abbauen, Mitarbeiter werden auf bis zu 20 Prozent ihres Gehalts verzichten. Die Linke fordert dafür Eigentumsrechte und mehr politische Steuerung.

Keine Spur von Krise: Wenigstens die Fassade der Hamburger Zentrale von Hapag Lloyd ist makellos. Bild: dpa

Um ihr Unternehmen zu retten, sollen die Beschäftigten der Reederei Hapag Lloyd auf Gehalt verzichten. Wie am Dienstag bekannt wurde, haben Vorstand und Betriebsrat eine entsprechende Betriebsvereinbarung erarbeitet. Der Betriebsrat rechnet damit, dass 99 Prozent der Beschäftigten dem Vorschlag zustimmen werden. Er ist zentraler Bestandteil eines Rettungspakets, mit dem Hapag Lloyd 600 Millionen Euro pro Jahr sparen soll, und gehört damit zu den Voraussetzungen für staatliche Bürgschaften.

Die Hamburger Großreederei leidet stark unter dem Rückgang des Containerverkehrs auf See. Sie ist Teil des angeschlagenen Tui-Konzerns. Um einen Verkauf des Unternehmens an eine Reederei aus Singapur zu verhindern, hat der Hamburger Senat im Frühjahr zusammen mit privaten Konsortialpartnern aus Hamburg knapp 57 Prozent der Reederei von Hapag Lloyd gekauft. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass das alleine nicht reicht, um die Reederei zu retten. Im ersten Halbjahr 2009 hat Hapag Lloyd 435 Millionen Euro Verlust erwirtschaftet.

Um die Reederei durch die Wirtschaftskrise zu bringen, haben die Anteilseigner einschließlich der Tui bereits 923 Millionen Euro an frischem Kapital aufgebracht. Hamburg will zusätzlich für Kredite in Höhe von 600 Millionen Euro bürgen. Eine Bürgschaft in gleicher Höhe ist bei der Bundesregierung beantragt worden. Über sie soll noch vor der Bundestagswahl entschieden werden. Das Sparprogramm ist der Beitrag der Reederei zu ihrer eigenen Rettung. Die Sparsumme von 600 Millionen Euro geht auf ein Mitte August vorgelegtes Sanierungskonzept der Unternehmensberatung Roland Berger zurück.

Hapag Lloyd gilt als größte Reederei Deutschlands und als hanseatische Traditionsreederei, in Hamburg seit Jahrzehnten sichtbar durch das repräsentative Firmengebäude an der Binnenalster.

Verkaufte Tochter: Der Tui-Konzern wollte Hapag Lloyd im vergangenen Herbst verkaufen. Einziger Bieter: NOL aus Singapur.

Patrioten: Um einen Verlust der Firmenzentrale und der Arbeitsplätze zu verhindern, organisierte der ehemalige Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) das Bieterkonsortium "Albert Ballin". Mit dabei sind die Stadt, der Logistikunternehmer Michael Kühne, Versicherungen und Banken. Sie erwarben 56,67 Prozent der Anteile. Den Rest behielt die Tui. (taz)

Die Reduzierung der Personalkosten sei dafür ein "wichtiger Beitrag", sagt Hapag-Sprecher Klaus Heims. Gemäß der Betriebsvereinbarung würde bis 2010 jeder zehnte Arbeitsplatz in Deutschland abgebaut - 120 von 1.100. Niemand soll jedoch betriebsbedingt gekündigt werden. Stattdessen will das Management Aufhebungsverträge, Altersteilzeit sowie einen vorzeitigen Ruhestand anbieten und frei werdende Stellen nicht wieder besetzen.

Die Kurzarbeit soll bis April 2010 verlängert werden. Die Gehaltseinbußen werden gestaffelt: Sie reichen von 20 Prozent bei Vorstandsmitgliedern bis fünf Prozent bei einfachen tariflich Beschäftigten. "Die finanzielle Belastbarkeit der Mitarbeiter ist unterschiedlich", erläutert Hapag-Sprecher Heims.

Joachim Bischoff von der Linken in der Bürgerschaft räumt ein, dass die Beschäftigten um einen Beitrag zur Sanierung nicht herumkämen, sofern das Unternehmen Bürgschaften haben wolle. "Die Regeln sind so", sagt der wirtschaftspolitische Sprecher. Der Druck auf die Belegschaften, sich an einer Sanierung zu beteiligen, sei in den vergangenen Jahren gewachsen. "Ich finde das problematisch", sagt Bischoff. Gehe die Sache schief, müssten die Mitarbeiter mit einem geringeren Arbeitslosengeld rechnen. "Wenn sich die Belegschaft schon beteiligt, dann ist es auch wichtig, dass es dafür Eigentumsrechte gibt, die auch wahrgenommen werden", findet der Abgeordnete.

Am Freitag wird der Haushaltsausschuss der Bürgerschaft, in dem die Koalitionspartner CDU und GAL die Mehrheit stellen, über die von Hapag Lloyd beantragte Bürgschaft beraten. Die Linke trage die Bürgschaft mit, weil sie überzeugt sei, dass ein Untergang der Reederei schlimme Folgen für die Stadt hätte, sagt Bischoff. Er erwartet aber vom Senat, dass er sich stärker bei dem Unternehmen einmischt, als er das bisher tut. "Der Senat müsste eine Zielvorstellung entwickeln, wie es mit dem Unternehmen weitergehen soll", fordert Bischoff.

Die Hamburger Finanzbehörde wollte das Sparprogramm nicht kommentieren. Es handele sich um eine operative Frage, die Sache des Unternehmens sei. Einschließlich des Kaufpreises für den Unternehmensanteil hat sich der Senat mit insgesamt 800 Millionen Euro bei der Reederei engagiert.

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