Luftverschmutzung: Schiffe an die Steckdose

Umweltverband Nabu fordert schnellere Versorgung von Schiffen mit Landstrom in den norddeutschen Häfen. Laut Gutachten ist das möglich, aber nicht billig.

Strombedarf einer Kleinstadt: Die "MS Europa" im Dock bei Blohm + Voss. Bild: dpa

Die norddeutschen Häfen müssen klimafreundlicher werden. Das forderten am Dienstag die Landesverbände Hamburg und Bremen des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu): "Wir brauchen auf allen Ebenen Anreize und Regeln für umweltfreundliche Schifffahrt." Der Nabu hat Regierungen und Parteien in den beiden Stadtstaaten befragt, die zugleich die mit Abstand größten deutschen Häfen sind. Aus den Antworten sei zu schließen, "dass das Problem bekannt und der Handlungsbedarf unstrittig ist", resümierte Alexander Porschke, Hamburgs Nabu-Vize. Geantwortet haben beide Senate, die Bremer SPD sowie aus Hamburg SPD, GAL, Linke und FDP.

Demnach werden nach ökologischen Kriterien gestaffelte Hafengebühren im Grundsatz von allen akzeptiert. Das sei "gut und vergleichsweise rasch realisierbar", findet die in Bremen regierende SPD, für die Grünen ist es vordringlich, "wirtschaftliche Anreize für umweltfreundliche Schiffe zu schaffen". Die Hamburger Grünen verweisen dabei auf das Programm "Green Shipping". Das war noch von Porschke als grüner Umweltsenator zwischen 1997 und 2001 eingeführt worden, der nachfolgende Schwarz-Schill-Senat jedoch kassierte das Programm 2003 umgehend wieder ein. Auch Linke und FDP befürworten geringere Liegegebühren für umweltfreundliche Schiffe.

Das größte Problem dürfte jedoch die Versorgung von Schiffen im Hafen mit Energie sein. Denn mehr noch als Containerriesen sind die großen Passagierschiffe ökologische Monstren. Klimaanlagen, Schwimmbäder, Restaurants und Kabinen für tausende Passagiere führen zu einem gewaltigen Energiebedarf der Riesenschiffe. Im Standby-Betrieb verbrauchen Luxusliner wie die gestern ins Hamburger Blohm + Voss-Dock eingelaufene "MS Europa" pro Tag so viel Elektrizität wie eine Kleinstadt. Hamburg rechnet für dieses Jahr mit 120 Kreuzfahrtschiffen, 2015 sollen es 250 sein, auch Bremerhaven ist eine beliebte Destination.

Den Bordstrom im Hafen erzeugen die Schiffe mit Schweröl, das in Raffinerien als Rückstand anfällt, deshalb sehr billig und hoch giftig ist. "An Land müssten Schiffe wie Sondermüllanlagen behandelt werden", zürnten die Umweltschützer von der Bremer Aktionskonferenz Nordsee. Mit Landstrom kann die Schadstoffbelastung im Hafen um bis zu 90 Prozent gesenkt werden.

Auf längere Sicht sollten deshalb alle Liegeplätze mit Stromanschlüssen ausgerüstet werden, vordringlich aber die Kreuzfahrtterminals. Die Steckdosen samt Zubehör sollen aber nicht gerade billig sein. Um zwei schwimmende Hotels gleichzeitig versorgen zu können, müssten 24 Millionen Euro investiert werden, ergab eine im Juni von der Industrie vorgelegte Studie.

Die Hamburger Umweltbehörde hat ein Gutachten über die wirtschaftlichen und juristischen Fragen in Auftrag gegeben. Es soll Anfang nächsten Jahres vorliegen. Zudem wurden 70 europäische Hafenstädte zur Kooperation eingeladen, sagt Behördensprecher Enno Isermann. Die Stromanlagen müssten technisch einheitlich sein, damit jedes Schiff in jedem Hafen versorgt werden könne.

Porschke findet, das müsse rascher gehen. 2011 ist Hamburg EU-Umwelthauptstadt: "Dann wären qualmende Kreuzfahrer im Hafen ein Armutszeugnis."

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