CDU in Thüringen: Der lange Abschied des Dieter A.

Dieter Althaus ist als Ministerpräsident zurückgetreten. Christine Lieberknecht soll ihm nachfolgen. Doch jetzt will Althaus doch noch regieren. Die CDU ist verwirrt.

Mit versteinerter Miene nannte Althaus die Gründe seines Abgangs. Bild: dpa

ERFURT taz | "Ich regiere nicht, ich führe mein Amt weiter!" Mit derart kryptischen Sätzen erklärte Dieter Althaus (CDU) am Dienstag der Presse, was er gerade tut. In der letzten Woche war er von allen Ämtern zurückgetreten.

Doch am Dienstag leitete er in der Erfurter Staatskanzlei die Kabinettssitzung so, als wäre nichts geschehen. Für Althaus ist das ganz normal. Paragraf 75 der Landesverfassung, so der Ministerpräsident auf Abruf, lasse ihm keine andere Wahl, als bis zur Wahl eines neuen Ministerpräsidenten geschäftsführend im Amt zu bleiben.

Letzte Woche klang das noch ganz anders. Nach Althaus knapper Rücktrittserklärung hatte Staatskanzleichef Klaus Zeh mitgeteilt, Althaus habe die Amtsgeschäfte an seine Stellvertreterin, die Finanzministerin Birgit Diezel, übertragen. Am Dienstag bestritt Althaus nun, im heimatlichen Eichsfeld im Urlaub gewesen zu sein. Er will aber auch nicht gearbeitet, sondern nur die Dienstpost erledigt haben. Einleuchtend ist das nicht. Wenn Althaus zurücktreten will, dann kann er sich für die folgenden Wochen beurlauben lassen.

Der amtierende Ministerpräsident stiftete aber nicht nur Verwirrung, sondern sorgte hinsichtlich seiner Rücktrittsgründe für etwas Klarheit. Er habe seine einsame Entscheidung, zurückzutreten, nur mit seiner Frau besprochen. Mit versteinerter Miene nannte Althaus die Gründe seines Abgangs. So habe er als Spitzenkandidat die Verantwortung für die etwa zwölf Prozent Stimmenverluste übernommen. Außerdem wollte er die Sondierungsgespräche und die erhofften Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten erleichtern, die eine Abkehr vom "System Althaus" zur Bedingung gemacht hatten.

Das nachgerückte weibliche Spitzenduo der Thüringer CDU hat inzwischen versucht, weiterer Verwirrung vorzubeugen. Birgit Diezel und Sozialministerin Christine Lieberknecht verständigten sich am Montagabend darauf, dass Lieberknecht in der gewünschten Koalition mit der SPD CDU-Ministerpräsidentin werden solle. Die ahnte wohl, was die Rückkehr von Althaus am kommenden Tag auslösen würde, und versicherte im Rundfunk: "Auf jeden Fall ist die Ära Althaus mit dem Rücktritt, den er selbst erklärt hat, zu Ende!" Die Verfassungslage sei das eine, die politische Wahrnehmung das andere.

Althaus wollte dies alles nicht mehr kommentieren, verweigerte mit konstant finsterer Miene auch jede Unterstützungserklärung für Lieberknecht. Wie tief die Gräben zwischen ihm und der Union in Thüringen inzwischen sind, zeigten bittere Seitenhiebe, die Althaus austeilte: "Der Sieg kennt viele Gewinner, die Niederlage nur wenige Schuldige." Von der Lieberknecht-Kandidatinnenkür wurde bezeichnenderweise zuerst SPD-Landeschef Christoph Matschie und erst später Dieter Althaus informiert.

Er könne über das Chaos in der CDU nur den Kopf schütteln, sagte Matschie der taz. "Althaus tut sich selbst und seiner Partei damit keinen Gefallen." Bis zum geplanten nächsten Sondierungsgespräch am Donnerstag müsse personelle Klarheit herrschen. Grünen-Landeschefin Astrid Rothe-Beinlich sprach von "purer Panik" in der Union. Einige CDU-Vertreter sah man mit betroffenen Gesichtern bei der Pressekonferenz stehen und anschließend aufgeregt die Köpfe zusammenstecken.

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