Schweinegrippe: Impfung ohne Kinderärzte

Der Bremer Berufsverband der Pädiater fordert, dass Kinder und Jugendliche von Fachleuten geimpft werden. Die Behörde hält dies nicht für notwendig

Starke Kritik an der geplanten Impfung gegen die Schweinegrippe kommt jetzt von der Kinder- und Jugendärztenm Bild: DPA

Als "wenig durchdacht" bezeichnet der Verband der Bremer Kinder- und Jugendärzte die Pläne der Gesundheitsbehörde zur Impfung gegen die Schweinegrippe. Nach diesen sollen bis zu 30 noch auszuwählende Schwerpunktpraxen mit der Impfung beauftragt werden. Voraussetzung ist, dass diese groß genug sind, um über drei bis fünf Monate wöchentlich 1.250 Menschen jeden Alters zu impfen.

"Das schafft kein Kinderarzt", kritisierte der Verbandsvorsitzende Stefan Trapp. Dazu seien zum einen die Praxen zu klein. Zum anderen würde die voraussichtlich im Oktober beginnenden Impfungen in die Hauptsaison für Kinderkrankheiten fallen.

Die Gesundheitsbehörde hält dies für unproblematisch. "Kinder müssen nicht von Kinderärzten geimpft werden, dafür gibt es keinen Grund", so die Behördensprecherin Petra Kodré gestern. Trapp sieht dies anders. Die Komplikationen, die bei Impfungen regelmäßig aufträten seien zwar die gleichen wie bei Erwachsenen: "Aber eine Notfallsituation mit kleinen Kindern ist etwas völlig anderes als mit Erwachsenen. Um damit fertig zu werden, brauchen Sie Erfahrung." Die sei aber in Massenpraxen, in denen Arzthelferinnen impfen würden, nicht vorhanden.

Außerdem könne auf diese Weise niemand angemessen beraten und über Vor- und Nachteile informiert werden. "Wir kennen unsere Patienten und können beurteilen, für wen die Impfung sinnvoll ist und für wen nicht", sagt Trapp. Schließlich sei derzeit zu wenig über die Risiken des neuartigen Impfstoffs bekannt. "Von der Impfung eines gesunden Kindes rate ich Eltern ab." Er befürchtet, dass ohne eine Beratung viele verunsicherte Eltern ihre gesunden Kinder impfen lassen werden, täglich hätte er mit dieser Art Anfragen zu tun. "Und dann ist nichts mehr da für diejenigen, die ihn wirklich brauchen." Behördensprecherin Kodré bestätigt, dass niemand überprüft, ob jemand tatsächlich chronisch krank ist. "Das ist eine Selbstauskunft." Dass deswegen der Impfstoff ausgeht, hält sie für unwahrscheinlich.

Trapp wartet jetzt darauf, dass die Behörde auf ein Schreiben vom vergangenen Montag reagiert. Darin fordert er gemeinsam mit Hans-Iko Huppertz, dem Leiter der Professor-Hess-Kinderklinik am Krankenhaus Mitte, dass Kinder und Jugendliche mit bestimmten Erkrankungen vorrangig geimpft werden sollen - von Fachleuten. Ein Teil der kleinen Patienten könnte in den Spezialambulanzen, in denen sie wegen ihrer Vorerkrankungen behandelt werden, geimpft werden. Außerdem hat Trapp der Behörde angeboten, mit Kollegen und Kolleginnen die Impfung der Bremer Kinder zu organisieren. Dass den Bremer Ärzten nur eine Woche gelassen wurde, in denen sie sich als Schwerpunktpraxis bewerben konnten, hält er für "unseriös". Rentieren würde sich die mit vier Euro vergoltene Impfung - eine "normale" Influenza-Impfung kostet sechs Euro - nur für "Massenpraxen" mit Überkapazitäten, so Trapp.

Geteilt wird die Kritik vom Vorsitzenden des Bremer Hausärzteverbands, Hans Mühlenfeld. "Ich hätte es für sinnvoller gehalten, das an die Hausärzte zu delegieren, die dann stadtteilweise die Versorgung sicher stellen."

So läuft es nämlich nach Aussage der Behördensprecherin Kodré in allen anderen Bundesländern - Bremen und Nordrhein-Westfalen sind die Ausnahme. "Wir könnten es uns auch leichter machen und das delegieren", verteidigt sie die Bremer Entscheidung. Aber nur so könnten die Kosten im mit den Kassen vereinbarten Rahmen eingehalten werden. Durch direkte Verträge mit dem Hersteller würden die Anschaffungskosten verringert. Außerdem sinke die Gefahr, dass der Impfstoff wegen falscher Lagerung oder zu wenig Anfragen in kleinen Praxen verderbe.

Wie viele Praxen sich beworben haben, sagte Kodré nicht. "Es sind genug." Unklar ist derzeit bundesweit noch, wann mit den Impfungen begonnen werden kann und wie viele Dosen zur Verfügung stehen werden. Davon wird abhängen, wie groß die Zeitspanne zwischen den Impfungen sein wird. Laut Kodré soll in "möglichst allen Medien" nach dem Alphabet aufgerufen werden: "Zwischen A und Z können einige Wochen liegen." Sie gehe davon aus, dass auch Migranten und Migrantinnen und Bettlägrige auf diese Weise oder über ihre Ärzte erreicht werden. Wer letztere Gruppe impfen wird, ist noch unklar.

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