Hafenumschlag: Container in der Talsohle

Dramatischer Verlust in Hamburg vor allem beim Containerverkehr im ersten Halbjahr 2009. Dickes Minus in allen norddeutschen Häfen. Aber erste Anzeichen für den bevorstehenden Aufschwung.

Abgerutscht auf Platz 3: Rotterdam und Antwerpen haben mehr Waren umgeschlagen als die Hansestadt. Bild: dpa

Hamburg ist nur noch der drittgrößte Hafen Europas. "Diese Message ist traurig", sagt Claudia Roller, Vorstand von Hafen Hamburg Marketing, denn "eigentlich wollten wir die Nummer 1 werden". Doch die Krise von Weltwirtschaft und Seeschifffahrt hat der Hansestadt an der Elbe einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Im ersten Halbjahr 2009 wurde im Hafen fast ein Viertel weniger Waren umgeschlagen als in den ersten sechs Monaten des vorigen Jahres. Damit wuchs der Abstand zu Marktführer Rotterdam, und selbst das belgische Antwerpen liegt jetzt knapp vor Hamburg.

Die Talsohle allerdings sei erreicht, glaubt Roller, der Hafen sei bereits "auf dem Weg zu einer moderaten Erholung". Im dritten Quartal 2008 begann die Krise, genau ein Jahr später könnte sie auch schon vorbei sein. "Wir rechnen mit einer Aufwärtsentwicklung", beteuert sie, eine leichte Steigerung sei bereits beim Containerumschlag zu erkennen.

Gleichwohl sind die wichtigsten Kennziffern des größten deutschen Hafens für die erste Jahreshälfte ernüchternd. Der Gesamtumschlag sank gegenüber dem Vorjahr von 71,0 Millionen Tonnen auf 54,2 Millionen Tonnen. Noch dramatischer ist der Rückgang beim mit Abstand größten Segment, den Containern. Statt 5,0 Millionen Blechkisten im Vorjahr waren es jetzt nur noch 3,6 Millionen - ein Minus von 28,7 Prozent.

Minuszahlen weisen auch die kleineren Häfen im Norden im ersten Halbjahr 2009 im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2008 auf.

Der größte Ostseehafen Lübeck sank von 16,9 Millionen Tonnen auf 13,1 Millionen Tonnen (-22,5 Prozent), Kiel um 5,0 Prozent von 2,48 auf 2,36 Millionen Tonnen.

Zweitgrößter Hafen Schleswig-Holsteins und fast unverändert bleibt Brunsbüttel an Elbe und Nord-Ostsee-Kanal mit 5,1 Millionen Tonnen und einem Rückgang um lediglich 0,1 Prozent.

Einen Umschlagsrückgang von durchschnittlich 17 Prozent weisen die niedersächsischen Seehäfen auf. Der Umschlag in den Häfen Brake, Cuxhaven, Emden, Leer, Nordenham, Oldenburg, Papenburg und Wilhelmshaven ist nach Angaben der Hafenmarketinggesellschaft Seaports of Niedersachsen von rund 32 Millionen Tonnen auf 26,6 Millionen Tonnen gefallen.

Besonders stark sind die Einbrüche im Handel mit den beiden größten Partnerländern China (-26,6 Prozent) und Russland (-57,7 Prozent). Es gebe aber Anzeichen, dass auch dort das Schlimmste überstanden sei. "Beide Märkte werden als erste wieder anspringen", hofft Jens Meier, Geschäftsführer des Hafenbetreibers Hamburg Port Authority (HPA).

Weil es aber auch noch Güter gibt, die nicht in Containern transportiert werden, fällt die Gesamtbilanz mit einem Minus von 23,7 Prozent etwas glimpflicher aus. Leichtere Rückgänge bei Stückgut (Autos, Maschinen, Windkraftanlagen), Massengut (Kohle, Erz, Mineralöle) und sogar ein Plus beim Sauggut (Getreide, Futtermittel) fallen wegen ihres Anteils von etwa einem Viertel am Gesamtumschlag aber nur vergleichsweise gering ins Gewicht.

Ähnlich sieht die Bilanz auch im zweitgrößten deutschen Universalhafen Hafen Bremen und Bremerhaven aus. Im ersten Halbjahr ging dort der Umschlag gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 20,8 Prozent auf 2,13 Millionen Container zurück, das teilte das Hafenunternehmen Eurogate am Montag mit. Bereits seit Mai wird in Bremerhaven kurzgearbeitet.

Wann mit einer Erholung zu rechnen sei, ist nach Ansicht von Eurogate-Chef Thomas Eckelmann ungewiss. Zwar sei der Juni "der umschlagsstärkste Monat des laufenden Jahres" gewesen. Ob das auf eine "Markterholung" hinweise, werde sich aber erst am Jahresende zeigen.

Während auch Roller in Hamburg "keine verlässliche Prognose zum Jahresendergebnis und der Entwicklung 2010 abgeben" will, warnt Meier vor Mutlosigkeit. "Wir dürfen nicht in Lethargie verfallen", mahnt der Hafenmanager. Es müsse weiter "geplant, investiert und ausgebaut" werden für den nächsten Aufschwung.

Dass sich die Elbvertiefung wegen mangelhafter behördlicher Planungen, wie am Mittwoch bekannt wurde, erneut und um mindestens ein Jahr verzögere, sei allerdings unschön. "Jammern hilft jetzt nichts", sagt Meier, "wir müssen das akzeptieren und nach intelligenten Lösungen suchen." Dass die Ausbaggerung des Flusses für die Containerriesen der nächsten Generation mit weit über 10.000 Containern und 15,50 Meter Tiefgang unabdingbar sei, steht für Meier und Roller indes fest: "Der Hamburger Hafen muss auf künftiges Wachstum vorbereitet sein."

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