Leichtathletik-WM: Pressefreiheit hat "Sommerpause"

Die Linke in Berlin gibt sich unwissend beim Streit über Datenüberprüfung von Journalisten. Dabei ist auch der Berliner Senat verantwortlich für die Journalisten-Kontrollen.

Bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft hat die Pressefreiheit Urlaub. Bild: ap

BERLIN taz | Am Mittwoch platzte Petra Pau der Kragen. Durch die Datenüberprüfungen der Journalisten vor der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin (15.-23. 8. 09) werde jeder Überprüfte "zum potenziellen Kriminellen", zudem kämen "die größten Anschläge auf das Grundgesetz von den Sicherheitsfanatikern selber".

Die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei richtete eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung, in der sie detailliert Auskunft zu der Verantwortung der Bundesebene verlangt. Bis Mittwoch kommender Woche erwartet sie Antwort. Ihr knappes Fazit: "So geht es nicht."

Die Einschränkung der Pressefreiheit wurde vor der Weltmeisterschaft von zahlreichen Politikern, Fachleuten und Sportlern kritisiert. Jeder Journalist muss eine "Einverständniserklärung zur Durchführung einer Zuverlässigkeitsprüfung" unterschreiben, mit der anschließend die persönlichen Daten Polizei und Verfassungsschutz zur Überprüfung zugespielt werden. Besonders heikel: Die private Veranstaltungs-GmbH der Weltmeisterschaft "Berlin Organising Committee" (BOC) verwaltet die Daten. Auch dies kritisierte die Linke Pau.

Einziger Haken bei der Sache: Mindestens genauso viel Verantwortung an der Einschränkung der Pressefreiheit wie der Bund trägt das Land Berlin - und damit der Senat aus SPD und Paus Kollegen der Linkspartei. Denn die Überprüfungspraxis hat der Senat gemeinsam mit dem Landeskriminalamt und dem Organisationskomitee BOC entschieden, wie BOC-Sprecher Stefan Thies bestätigte.

Für den Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux ist damit klar: "In der Opposition stellt die Linke Maximalforderungen, auf Landesebene tragen sie die Überwachung mit", so Lux, "im Koalitionsausschuss der rot-roten Koalition steht zu Datenschutz auch nichts." Lux: "Pau kritisiert mit ihrer Initiative auch ihre schweigenden Berliner Parteikollegen."

Tatsächlich war in den vergangenen Tagen vonseiten der Berliner Linken keine Kritik am Verhalten des Senats zu vernehmen. Offenbar schwankte die Partei, ob sie sich loyal zeigen und zu dem Thema schweigen sollte - oder das Verhalten kritisieren und sich damit auf die Seite der Datenschützer stellen müsste.

Zögerlich äußerte sich auch gestern noch der Linke-Innenpolitiker Udo Wolf. In der Sommerpause habe er "nicht viel mitbekommen", bei den Entscheidungen rund um die WM habe er "nicht am Tisch" gesessen, und jetzt lasse sich "auch nicht mehr viel machen". Die gängige Akkreditierungspraxis findet er dennoch übertrieben. Sein lauwarmes Fazit: "Nach der Sommerpause muss man schauen, welches die Rechtsgrundlage für die Entscheidung war."

Ähnlich vorsichtig äußerte sich der Berliner Landesvorsitzende der Linken: Er sei "ein Freund der Pressefreiheit" und sehe "das Verfahren kritisch", sagte Klaus Lederer, "man muss da mal drüber reden". Doch auch er habe "in der Sommerpause kaum etwas mitbekommen". Lederer: "Wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft."

Ihre zögernden Kollegen wollte die allein gelassene Petra Pau am Freitag nicht kommentieren. Dennoch wird offenbar innerhalb der Linkspartei Druck auf die Berliner Landespolitiker ausgeübt, zu dem Sachverhalt endlich klar Stellung zu beziehen. Denn kaum jemand hatte so schwere Geschütze gegen die Akkreditierungspraxis bei der Weltmeisterschaft aufgefahren wie Petra Pau. Der Grüne Benedikt Lux freut sich währenddessen über die Unentschlossenheit der Konkurrenz: "Diese Widersprüche werden den Linken noch auf die Füße fallen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.