Neuer Internetauftritt: Bundestag 2.0 Beta

Das deutsche Parlament hat im Internet aufgeräumt: Künftig soll der Webauftritt des Bundestages besser navigier- und nutzbar sein. taz.de hat sich angeschaut, ob das wirklich stimmt.

Ein paar Antworten auf wichtige Fragen kann der Bundesadler immerhin schon geben. Bild: screenshot/bundestag.de

Einen einstelligen Millionenbetrag soll die Verwaltung des Bundestages laut einem Bericht der Frankfurter Rundschau investiert haben, um das Web-Angebot des deutschen Parlaments aufzufrischen. Erkennen kann das jeder, der "Bundestag.de" seit dieser Woche besucht: Der Look ist tatsächlich moderner als der alte und die Inhalte wirken insgesamt weniger statisch.

Statt eines reinen Nachschlagewerks mit Abgeordnetenbiografien, Videomitschnitten von Plenarsitzungen und Downloadmöglichkeiten von Drucksachen soll künftig mehr Bewegung in den seit fünf Jahren erstmals wieder erneuerten Auftritt kommen. Dazu gehört beispielsweise, dass die Startseite täglich mit neuen Nachrichten aktualisiert wird. Erster Härtetest für diesen neuen Geist der Echtzeit: Noch in der Wahlnacht am 27. September sollen nach dem vorläufigen Endergebnis alle biografischen Infos zu den dann frisch gewählten neuen Mitgliedern des Bundestages aktualisiert werden.

Dass die Nachfrage nach direkten Informationen aus dem Parlament durchaus vorhanden ist, zeigt die Statistik. Laut Zahlen des Online-Referats schauen jeden Monat bis zu vier Millionen Nutzer auf dem Angebot vorbei. Bei heißen Debatten, die der Bundestag inzwischen live ins Netz überträgt, kann es da schon mal zu Bandbreitenengpässen und Briefmarkenbildern kommen.

Die neugestaltete Seite teilt sich in die Abschnitte "Der Bundestag", "Dokumente & Recherche", "Presse", "Kultur & Geschichte", "Besuchen Sie uns" sowie "Service". Ganz geglückt ist diese Einteilung nicht - so verbirgt sich etwa Videomaterial unter "Der Bundestag" und nicht etwa unter "Dokumente & Recherche", während "Kunst im Bundestag" wiederum in "Kultur & Geschichte" statt unter "Der Bundestag" eingeordnet ist. Wer den Überblick bewahren will, kann aber zum Glück eine Sitemap konsultieren, die alle Inhalte auflistet.

Eher wie ein unnötiges Gimmick wirkt dagegen ein "virtueller Berater" in Form eines Comic-Bundesadlers, der in Frage- und Antwort-Form die ein oder andere Standardinformationen herausrückt, wenn man die korrekten Worte trifft.

Unter der Oberfläche staubt es zudem hier und da noch. So sind die Videos der älteren Redebeiträge nach wie vor im inzwischen immer seltener verwendeten Real Player-Format verfügbar; moderne Flash-Videos mit besserem Bild gibt es nur von neueren Wahlperioden. Downloads der Filme sind weiterhin nicht möglich und auch die Suchfunktion ist in Sachen Bedienkomfort eher gewöhnungsbedürftig.

Auch fand keine Öffnung in Richtung Web 2.0 statt - so lassen sich Videos nicht einbinden und auch die Syndizierung von Inhalten per RSS hält sich in argen Grenzen: Man erhält darüber Links auf Plenarprotokolle im Microsoft Office-Format, anstatt dass sie in Web-gewohntem HTML vorliegen.

Die Website des Bundestages ist in den letzten Monaten auch deshalb verstärkt in den Blickpunkt der Internet-Öffentlichkeit gerückt, weil man dort an elektronischen Petitionen teilnehmen kann. So erreichten die Bemühungen gegen das umstrittene Netzsperren-Gesetz von Familienministerin von der Leyen insgesamt 134.000 E-Petitions-Unterzeichner, während aktuell eine Aktion gegen das Verbot von Action-Computerspielen bereits über 70.000 Mitstreiter versammeln konnte. (Wer nach drei Wochen 50.000 Mitzeichner gefunden hat, wird vom Petitionsausschuss des Bundestages persönlich eingeladen.)

Auch das E-Petitions-System wurde im Rahmen des Relaunchs von "Bundestag.de" aufgeräumt. Allerdings handelt es sich dabei nur um eine optische Auffrischung, das bereits bekannte Forensystem, in dem teils heftig diskutiert wird, blieb bestehen und wurde mit einer neuen Design-Haut überzogen.

Zur Bedeutung der E-Petitionen gab es zur Neugestaltung der Seite unterdessen widersprüchliche Aussagen. Bundestagspräsident Norbert Lammert ließ sich vom Hamburger Abendblatt mit den Worten zitieren, es sei sehr einfach, mit einem Klick seine Unterstützung für ein Thema kundzutun. Dies lasse nicht unbedingt einen Rückschluss auf die Bedeutung solcher Themen in der Öffentlichkeit zu. Tatsächlich müssen zur Teilnahme an E-Petitionen auch Angaben zur eigenen Person gemacht werden, was durchaus einige Minuten dauert und mit der Teilnahme an anderen – auch offiziellen – Unterschriftenkampagnen vergleichbar ist.

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