Fragwürdiges Karlsruher Urteil: Grünes Licht für rechtswidrige Razzien

Das Bundesverfassungsgericht findet, dass die Justiz auch Beweise aus rechtswidrigen Durchsuchungen verwerten dürfe. Nur wenn die Polizei willkürlich "Gefahr im Verzug" annimmt, herrscht Verwendungsverbot.

Was die Polizisten hier abtransportieren, dürfen sie juristisch verwerten. Auch wenn die Razzia rechtswidrig war. Bild: dpa

KARLSRUHE dpa | Urteil mit Folgen: Belastendes Beweismaterial kann in der Regel auch dann gegen einen Verdächtigen verwertet werden, wenn es bei einer rechtswidrigen Hausdurchsuchung gefunden wurde. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden. Nach einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss kommt ein sogenanntes Beweisverwertungsverbot nur ausnahmsweise bei besonders gravierenden Rechtsverstößen der Ermittler in Betracht. Damit wies das Karlsruher Gericht die Beschwerde eines wegen Drogenbesitzes verurteilen Münchners ab. Bei einer rechtswidrigen Durchsuchung hatte die Polizei bei ihm ein halbes Kilo Haschisch gefunden.

Er war ins Visier der Fahnder geraten, weil angeblich über ein Konto, auf das er Zugriff hatte, der Verkauf einer gefälschten Markenuhr abgewickelt worden sein soll. Die Durchsuchung seiner Räume im Zuge der Ermittlungen hatte das Karlsruher Gericht - wegen des äußerst geringen Tatverdachts - schon 2005 als unverhältnismäßig beanstandet. Dabei wurde allerdings das Rauschgift gefunden - was ihm dann die Bewährungsstrafe eintrug. (Az: BvR 2225/ - Beschluss vom 2. Juli 2009)

Nach den Worten der Verfassungsrichter gehört die Erforschung der Wahrheit zu den wichtigsten Prinzipien des Strafverfahrensrechts. Deshalb könnten Beweise, die bei rechtswidrigen Ermittlungsmaßnahmen gewonnen wurden, nur ausnahmsweise für den Prozess gesperrt sein.

Ein Verwertungsverbot komme daher nur in Betracht, wenn es ausdrücklich gesetzlich vorgesehen oder "aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist". Einen Freischein für Hausdurchsuchungen soll die Polizei damit aber nicht erhalten. Laut Gericht gibt es dann ein Verwertungsverbot, wenn die Polizei willkürlich "Gefahr im Verzug" annimmt und damit eine richterliche Anordnung umgeht.

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