Regierungsende: Große Koalition ganz klein

Am 27. September wird Schleswig-Holsteins Landtag neu gewählt. Die Große Koalition durch Auflösung des Parlaments oder eine verlorene Vertrauensfrage beendet werden - auch gegen den Willen der SPD.

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hat gut lachen Bild: DPA

Am Montag wird voraussichtlich der schleswig-holsteinische Landtag in Kiel aufgelöst. Eine Neuwahl könnte dann am selben Tag wie die Bundestagswahl, am 27. September, erfolgen. Darauf hat sich am Donnerstag der Ältestenrat im Landesparlament an der Kieler Förde geeinigt. Damit wäre die am 27. April 2005 gebildete große Koalition im nördlichsten Bundesland vorzeitig beendet. Mehrere Meinungsumfragen aus diesem Jahr - die jüngste ist vom 15. Mai - sagen einen Wahlsieg von CDU und FDP voraus.

Es gebe keine Möglichkeit mehr, die Zusammenarbeit fortzusetzen, sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) am Donnerstag in Kiel. Er machte erneut SPD-Partei- und Fraktionschef Ralf Stegner für das Scheitern verantwortlich. Der Landtag beschloss am Vormittag zunächst, am heutigen Freitag über eine Auflösung des Parlaments zu entscheiden. Die Abgeordneten folgten damit einem Vorstoß der CDU, dem sich der Koalitionspartner SPD ebenso wie die komplette Opposition aus FDP, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) angeschlossen hatte.

Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken wurde die Abstimmung dann aber auf eine Sondersitzung am Montag verschoben. Neuwahlen müssen binnen 70 Tagen nach einer Parlamentsauflösung stattfinden. Um den angestrebten Termin 27. September zu erreichen, beginnt die Frist jedoch erst an diesem Sonntag. Deshalb soll nun heute debattiert, aber erst am Montag abgestimmt werden.

Die SPD will laut Stegner der Landtagsauflösung nicht zustimmen. Damit würde die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit nicht zustande kommen. Die CDU hat 30 und die SPD 29 Mandate, die drei Oppositionsfraktionen haben zusammen lediglich zehn Sitze. In diesem Fall könnte Carstensen nachträglich die Vertrauensfrage stellen und - nach dem Vorbild von SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder 2005 - absichtlich verlieren: Die CDU enthält sich, alle anderen müssen gegen ihn stimmen, wenn sie glaubwürdig sein wollen. Auf die Frage nach seinem weiteren Vorgehen sagte Carstensen: "Wir gucken uns erst einmal die Abstimmung an." Offenbar gibt es bei der Union die Hoffnung, dass nicht alle SPD-Abgeordneten Stegner folgen. Dies ist bei offener Abstimmung im Plenum aber unwahrscheinlich.

Carstensen gab Stegner die Schuld am Scheitern. Dieser habe sich immer wieder der gemeinsamen Verantwortung entziehen wollen. "Und wenn man das Gefühl hat, dass man keine Verantwortungsgemeinschaft in der Koalition hat, muss man sich überlegen, was zu tun ist." Eine Auflösung des Landtags sei die offenste und ehrlichste Weise, mit der schwierigen Situation umzugehen, sagte Carstensen. "Zuerst kommt das Land und dann die Koalition", bekräftigte er. Stegner nannte die CDU-Argumente "vorgeschoben". Er lehne "wahltaktische Spielchen" ab: "Der Ministerpräsident kann ja zurücktreten", regte er an.

Die ehemalige Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) findet das Ende der Koalition nur schwer begründbar. "Einfach zu sagen, wir können nicht mehr miteinander, das ist schwierig." Selbst wenn Carstensen und Stegner sich nicht mögen, "muss man Formen finden, wie man damit fertig wird", sagte Simonis.

Die grünen Parteichefs Claudia Roth und Cem Özdemir finden das Ende der großen Koalition in Kiel hingegen überfällig: "Von der HSH Nordbank bis zum schrottreifen Atomkraftwerk Krümmel hinterlässt diese Regierung ungelöste Probleme."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.