Rechtsextreme bei Facebook und StudiVZ: Vernetzen zum Hetzen

Rechtsextreme nutzen soziale Netzwerke wie Facebook und StudiVZ, um sich untereinander zu vernetzen - und Hetze zu verbreiten.

Stolz auf Deutschland, aber auf Kriegsfuß mit deutscher Rechtschreibung: StudiVZ-Gruppe Bild: Screenshot

BERLIN taz | Sie haben gegrillt und noch ein paar Fotos mit der Digicam geschossen. Bei StudiVZ können alle Bekannten unschwer erkennen: Nicole B. (24) hat mit Freunden gefeiert, die aus ihrer nationalen Gesinnung keinen Hehl machen."Norddeutsch" steht in weißen Runen auf dem T-Shirt eines Kumpels. Der Mann ist bullig, hat eine Glatze, wiegt über 100 Kilo. Und er ist Mitglied der StudiVZ-Gruppe "Eh du Arsch, ich werde immer stolz darauf sein DEUTSCH zu sein" - wie Nicole B., Studentin an der Universität Bremen, die zudem Hochzeitsfotos und Bilder von ihrem Sohn auf ihren Profilseiten verlinkt hat.

Menschen mit rechtsextremer Gesinnung scheinen in Zeiten des Web 2.0. längst dort angekommen, wo man sie nie verortet hätte: in der Mitte der Gesellschaft. Wie andere Altersgenossen nutzen sie Internet-Communities wie StudiVZ und Facebook weitgehend unbehelligt zur Selbstentblößung. Hier ein Foto vom letzten Saufgelage auf der Mansarde mit Yukka-Palme im Hintergrund, dort ein paar Babybilder und Aufnahmen von den eigenen Tattoos mit martialischen Motiven.

Eine "suggerierte Öffnung" nach Außen im Stile "Ey, wir sind ne Bewegung" beobachtet Holger Kulick vom Netzwerk "Mut gegen rechte Gewalt" seit längerem. "Rechtsextreme sind sehr einfallsreich in Foren wie Facebook oder StudiVZ“, sagte Kulick der taz. Plattformen, auf denen sie teils anonym für sich und ihre Ideale werben und Links zu Konzerten, Demos und anderen Treffen setzen, seien von Anfang an wichtig für Rechtsextreme gewesen.

Zwar verschwinden Gruppen wie "Ich werde immer stolz darauf sein DEUTSCH zu sein" und einzelne Mitglieder immer wieder aus dem Netz, weil Nutzer bedenkliche Inhalte bei den Community-Betreiber melden. Doch genauso schnell entstehen andere Gruppen mit vermeintlich harmloseren Namen, die Interessierte mit ein paar Mausklicks problemlos finden können.

"Jugendliche sind die Zielgruppe Nummer eins für Rechtsextremisten“, sagt Thomas Pfeiffer. Er ist Referent beim Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen und Lehrbeauftragter an der Ruhr-Universität in Bochum. Rechtsextremistische Beiträge in Internet-Netzwerken könnten bei Jugendlichen Resonanz finden, die zwar nicht in der Szene aktiv seien, aber eine Affinität zu deren Denkmustern hätten - beispielsweise zu fremdenfeindlichen Einstellungen. Viele Rechtsextremisten hätten dazugelernt und wendeten Tarnstrategien an. "Botschaften sind subtiler geworden und für Außenstehende nicht immer auf Anhieb erkennbar."

Wer sich durch entsprechende Profile klickt, gewinnt rasch den Eindruck, dass so manch rechtsgesinnter Community-Besucher es ziemlich ernst meint, mit seinem Deutschtum. Schnell tauchen die gleichen Nutzer auf Seiten wie "Islam öffentlich kritisieren können!!!" oder "Wem das Boot zu voll ist, der darf nach Hause schwimmen" auf. Nicole B. hat sich der Gruppe "!!!Wir hassen Kinderschänder - Wir kriegen euch alle!!!“ angeschlossen – einer Gruppe, die eine MeinVZ-Nutzerin aus Ostholstein gegründet hat.

"Frauen werden in der Szene gezielt umgarnt", sagt Holger Kulick von "Mut gegen rechte Gewalt". So scheinen braune Mädels auch keine Hemmungen zu haben, in sozialen Netzwerken nach Gleichgesinnten zu suchen. Bei Facebook lässt Sunnie S., eine Alleinerziehende aus Magdeburg, Fans der Rechtsrock-Gruppe "Stahlgewitter – Auftrag Deutsches Reich" wissen, dass sie offen für Kontakte ist. Die 28-Jährige gibt an, sich sowohl für Männer als auch für Frauen zu interessieren; um Freundschaften zu schließen oder eine feste Beziehung einzugehen. Die Auswahl an potenziellen Bewerbern dürfte überschaubar bleiben: Auch wenn Facebook ein internationales Netzwerk ist, und die 118 Fans von "Stahlgewitter" aus Bulgarien, Schweden oder Chile kommen – Sunnie S. führt ihr Facebook-Profil natürlich nur auf Deutsch.

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