City-Marketing: Charmeoffensive im Bieterstreit

Die Außenwerbefirma Ströer sponsert der Stadt digitale Infosäulen für Touristen - mitten im Ausschreibungsverfahren für einen neuen Werbeflächenvertrag

Online-Stadtplan und Gratis-Spiegel: Der Infopunkt ist vielseitig Bild: BES

Das Pilotobjekt ist steingrau, schlank und wenn sich niemand an ihm zu schaffen macht, dann zeigt es einen hübschen Bildschirmschoner mit Bremer Postkartenmotiven: Seit gestern steht der erste "CityGuide", eine digitale Info-Säule für Touristen, am südwestlichen Zugang des Marktplatzes.

An der per Touchscreen bedienbaren Säule lassen sich über einen Internetzugang die Inhalte des "bremen online"-Portals abrufen, ergänzt durch einen interaktiven Stadtplan, der laut Betreiberfirma Ströer "aktueller als Google-Maps sein kann".

"Tausende Touristen finden täglich den Weg in unsere schöne Stadt," sagte zur Eröffnung der Ströer-Niederlassungsleiter Bernd Sonnemann, und seine Firma freue sich, denen "rund um die Uhr zusätzliche Orientierungshilfen geben zu können."

20.000 Euro pro Jahr kosten Betrieb und Abschreibung der Säule. Für die Nutzer ist das Angebot kostenlos und auch die Stadt hat bis auf eine Anschubfinanzierung von 12.000 Euro, mit der die Anpassung der "bremen online"-Inhalte bezahlt wurden, keine Kosten. Ströer zahlt - und will die Säulen nicht einmal mit Werbeeinblendungen oder gar bezahlten Inhalten gegenfinanzieren: "Wir sehen das nicht als Werbeträger, sondern als Dienstleistungsfunktion, die wir gerne für die Stadt übernehmen wollen," sagt Sonnemann. Insgesamt zehn solcher Terminals will Ströer im nächsten Jahr in der Innenstadt aufstellen - alles auf eigene Kosten.

Doch derart selbstlos motiviert dürfte das Engagement kaum sein. Die zum Kölner Ströer-Konzern gehörende Citymarketing-Firma Deutsche Städte Medien (DSM) bestückt seit 1982 - mit Ausnahme der BSAG-Haltestellen - alle öffentlichen Werbeflächen in Bremen. Zuletzt zahlte die DSM etwa 1,2 Millionen Euro pro Jahr an die Stadt. Ende 2010 endet die 28-jährige Laufzeit des Vertrages mit der DSM - und im Moment werden die Karten neu gemischt. Denn nachdem sich Hamburg 2007 in einem neuen Vertrag mit der DSM und ihrem französischen Konkurrenten JC Decaux Einkünfte von mehr als einer halben Milliarde Euro bis 2022 garantieren ließ, schossen auch an der Weser die Erwartungen in die Höhe.

Allein 732.000 Euro ließ sich Bremen eine Studie kosten, um das Ausschreibungsverfahren vorzubereiten. Das Signal ist klar: Künftig wird deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen, wer die Bremer Litfaßsäulen bekleben will.

"Das Ausschreibeverfahren läuft," sagt der Sprecher des verantwortlichen Bauressorts, Michael Ortmans. "Im Moment gehen die Angebote ein, Anfang 2010 wird das spätestens entschieden." Zu den finanziellen Erwartungen wolle man sich während des laufenden Verfahrens nicht äußern. Aktionen wie Ströers Charme-Offensive aber "dürfen da natürlich kein Faktor sein," sagt Ortmans.

Bei Ströer will man das Infosäulen-Sponsoring und den Bieterwettstreit ebenfalls "nicht verquicken", das sei vielmehr "zeitlich unglücklich zusammen gefallen." Das Unternehmen habe bereits vor zwei Jahren begonnen, die Infosäulen vorzubereiten. "Für uns zählt, dass die Stadt ihren Touristen diesen Mehrwert liefern kann, deswegen realisieren wir das jetzt auch vor einer ungewissen Planungszeit", sagt Sonnemann. Für Ströer seien die Säulen wichtig, weil sie "wesentlicher Bestandteil unserer Stadtmöbel-Produkte" seien. "Wir können das, wir bieten das der Stadt, und wenn es hinterher überzeugt, umso schöner. Das ist aber keine Leistungsschau," so Sonnemann. Wenn sich die Stadt für einen anderen Vertragspartner entscheide, "dann muss das sicher nicht sofort abgebaut werden." Doch dass Ströer die Säulen in diesem Fall auch nach 2010 weiterbetreibt, sagt Sonnemann, "glaube ich kaum."

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