Kritik an Bombodrom-Schließung: Friendly Fire von Wulff

Niedersachsens Landesvater ist erbost über die Entscheidung von Verteidigungsminister Jung. Da er eine Mehrbelastung für die Anrainer von "Nordhorn Range" fürchtet, will er das Aus für diesen Schießplatz.

Bei der Diskussion um die Truppenübungsplätze wird auch innerhalb der CDU scharf geschossen. Hat da noch wer den Überblick über den Frontverlauf? Bild: dpa

BERLIN afp/dpa | Nach dem Aus für das so genannte Bombodrom in Brandenburg hat der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) auch die Schließung des Luft-Boden-Schießplatzes "Nordhorn Range" in Niedersachsen gefordert. "Wir erwarten die Verlagerung der Einsätze ins Ausland und in Simulatoren und damit die Aufgabe unseres Platzes", sagte Wulff der Zeitung Die Welt. Zugleich zeigte er sich enttäuscht von der Entscheidung des Verteidigungsministers Franz Josef Jung (CDU). Dieser hatte am Donnerstag seine Pläne für einen Luft-Boden-Schießplatz in Nordbrandenburg aufgegeben. Die Bundeswehr habe damit eine gleichmäßige Lastenverteilung verhindert, sagte Wulff.

Wulff hatte zuvor Jung in einem Brief, der dem Blatt vorlag, gebeten, nicht von den Bombodrom-Plänen Abstand zu nehmen. Ansonsten könne "von einer gleichmäßigen, regional ausgewogenen Verteilung der Lasten nicht die Rede sein". Nun befürchtet Wulff, dass "Nordhorn Range" verstärkt von der Bundeswehr genutzt wird - was die Lärmbelästigung für die Menschen in der Region erhöhen würde.

Kirsten Tackmann, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei aus Brandenburg nahm Wulffs Vorpreschen zum Anlass, nochmals auf die Haltung ihrer eigenen Partei in dieser Frage aufmerksam zu machen: Seit Jahren fordere diese "nicht nur den Verzicht auf das Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide, sondern auch die Schließung der Nordhorn Range und des Luft-Bodenschießplatzes Siegenburg", so Tackmann.

"Nachdem die friedliche Zukunft der Kyritz-Ruppiner Heide erzwungen wurde, wäre die Schließung der anderen beiden Plätze nur folgerichtig. Der Lärm und das Risiko von Fehlabwürfen oder Flugzeugabstürzen über besiedelten Regionen ist den Menschen nirgends zuzumuten. Die Kernaussagen der OVG-Urteile in Sachen Bombodrom treffen auch auf Nordhorn und Siegenburg zu: Es ist rechtsstaatswidrig, wenn die Interessen der Region nicht gegen die Interessen der Bundeswehr abgewogen werden," betonte Tackmann.

Der Bürgermeister von Nordhorn, Meinhard Hüsemann (SPD), hatte bereits vergangene Woche Demonstrationen gegen die weitere Nutzung des Luftwaffen-Übungsplatzes angekündigt. Dabei wolle er sich ein Beispiel an den Bürgerinitiativen gegen das Bombodrom nehmen.

Dass die Bundeswehr auf Nordhorn verzichten wird, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Das Verteidigungsministerium erklärte dazu am Montag, dass die Rechtssituation für den niedersächsischen Standort rechtlich anders sei als bei Wittstock. Nordhorn habe man im Jahr 2001 von den Briten übernommen und seitdem weiter genutzt, die Zahl der Flugbewegungen sogar noch reduziert. Eine rechtliche Neubewertung sei deshalb nicht notwendig

Auch gegen den Luft-Boden-Schießplatz in Siegenburg in Niederbayern wächst der Protest. Bürgermeister Franz Kiermaier (CSU) erklärte am Wochenende, er wolle gegen die Weiterführung des Luftwaffen-Übungsplatzes Widerstand leisten. "Wir werden nun den Rechtsweg beschreiten und eine Petition an den Bundestag richten", sagte der Bürgermeister der "Mitteldeutschen Zeitung".

Der CSU-Europaabgeordnete Manfred Weber hatte nach dem Aus für das Bombodrom erklärt, in Brandenburg wäre es möglich gewesen, Tiefflug-Übungen zu absolvieren, ohne dabei bewohnte Regionen zu überfliegen. "Es ist inakzeptabel, dass dieser Übungsplatz nicht genutzt wird, während im Überfluggebiet des wesentlich kleineren niederbayerischen Luft-Boden-Schießplatzes Siegenburg tausende Menschen unter Fluglärm leiden", sagte Weber.

Wenn auf das Bombodrom verzichtet werden könne, dann müsse auch Siegenburg stillgelegt werden. Ministerpräsident Horst Seehofer solle nun bei der Bundesregierung in Berlin entsprechenden Druck ausüben.

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