E-Petition zeigt Erfolg: Fast 45.000 gegen "Killerspiel"-Verbot

Nachdem Herstellung und Verkauf von so genannten "Killerspielen" verboten werden sollen, wehren sich die Spieler: Sie werden politisch und haben eine viel gezeichnete E-Petition gestartet.

E-Petition fürs Daddeln: Spieler wehren sich im Netz gegen ein Verbot von actionreichen Computerspielen. Bild: dpa

Wer Teile seiner Freizeit an PC oder Videospiele-Konsole mit bis dato völlig legalen actionreichen Games verbringt, hat es nicht leicht in letzter Zeit: Nach dem Amoklauf von Winnenden ist die Diskussion über ein Herstellungs- und Verbreitungsverbot des von der Politik gerne als "Killerspiele" bezeichneten Genres erneut voll entbrannt. Volljährige Spieleprofis, die als so genannte E-Sportler ihre Brötchen verdienen, durften in bestimmten Städten nicht auftreten, weil die sehr beliebten LAN-Party-Wettbewerbsveranstaltungen nach der schrecklichen Mordtat des Tim K. reihenweise von Gemeindevertretern abgesagt wurden - der 17jährige soll diese Compuerspiele gerne gespielt haben.

Zuletzt beschloss die Innenministerkonferenz der Länder am 5. Juni neue Maßnahmen. Für Spieler und Branchenvertreter ist der Aktionismus auch deswegen erstaunlich, weil Deutschland im europäischen Vergleich über ein äußerst scharfes Jugendschutzrecht verfügt. So werden besonders actionreiche Titel hier zu Lande oft gar nicht erst veröffentlicht, obwohl sie international große Hits sind. Das von der Politik nun geplante Herstellungsverbot würde zudem auch Erwachsene treffen, die genauso legal an solche Games wie an Horror- und Pornofilme gelangen dürfen - wirklich gewaltverherrlichendes Material ist gesetzlich sowieso längst verboten.

Die Gamefans, die sich als Prügelknaben der Politik sehen, wollen sich nun wehren. Der Spieler Peter Schleußer hat beim Deutschen Bundestag eine Online-Petition gestartet, die sich aktuell in der Mitzeichnung befindet. Sie richtet sich "gegen ein Verbot von Action-Computerspielen" und fand innerhalb von drei Tagen in der vergangenen Woche bereits 27.000 Unterstützer, aktuell steht sie bei rund 45.000 Mitzeichnern.

"(Vor-)schnelle Verbotsforderungen werden den vielschichtigen Aspekten solcher Ereignisse nicht gerecht, wirken im Gegenteil eher verharmlosend und verhindern so eine gründliche Aufarbeitung", schreibt Schleußer in seiner Begründung. Die Debatte sei von "Unkenntnis, Polemik, Unsachlichkeit und Vorurteilen geprägt", gerade aus den Reihen der Politik. Gewaltverherrlichende Medien seien bereits aus gutem Grund verboten. "Doch ein prinzipielles Herstellungs- und Vertriebsverbot von Filmen und Computerspielen für Erwachsene steht aus meiner Sicht im Widerspruch zu Artikel 5 - eine Zensur findet nicht statt."

Die E-Petition gegen das Actionspiel-Verbot ist nur das jüngste Beispiel für im Internet gelebte Basisdemokratie. In jüngster Zeit sorgte insbesondere die elektronische Unterschriftenaktion gegen das umstrittene Internet-Sperren-Gesetz von Familienministerin Ursula von der Leyen für Wirbel: 134.000 Mitzeichner fanden sich innerhalb von sechs Wochen auf Vorschlag der Berliner Internet-Aktivistin Franziska Heine. Die notwendige Marke von 50.000, damit sich der Petitionsausschuss öffentlich mit dem Thema beschäftigt, war gar in knapp vier Tagen erreicht.

Ähnlich erfolgreich dürfte eine Aktion gegen eine Erhöhung von Aufführungsgebühren durch die Musikverwertungsgesellschaft GEMA werden, die laut Meinung der Petenten die Musikkultur in Deutschland bedroht - sie läuft noch bis nächsten Freitag und fand bereits über 100.000 Mitzeichner.

Bislang hatten auf dem E-Petitions-Server des Bundestags, der zwischenzeitlich auch schon mal unter dem Ansturm ächzt und dann schwer erreichbar ist, vor allem eher populistische Themen die Nase vorn - ganz vorne lag so mit 128.000 Mitzeichnern lange Zeit die Traumvorstellung einer "Halbierung der Besteuerung von Diesel und Benzin". Die Anti-Internet-Sperren-Petition brach diesen Rekord. Für die Freunde der Actionspiele bleibt nun noch bis zum 19. August Zeit, ähnliche Unterstützerwerte zu erreichen.

Besonders viel Eindruck machen die E-Petitionen auf die Politik allerdings bislang noch nicht - so wurde auch das letzte Gespräch, das Anti-Internet-Sperren-Petentin Heine mit Ministerin von der Leyen führte, ergebnislos abgebrochen, weil es keine Bereitschaft gab, "sich einen Millimeter zu bewegen", so die Aktivistin. Zuvor hatten sowohl SPD-Fraktion als auch Bundesrat das Gesetz mit kleinen Änderungen durchgewunken.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.