Blauzungenkrankheit: Kuhimpfung mit Polizeihilfe

Bisher verhängten Behörden Bußgelder gegen Bauern, die ihre Rinder nicht gegen die Blauzungen-Krankheit impfen. Nun will ein Veterinäramt selbst eine Herde spritzen.

Dieses Tier ist gesund: Bei der Blauzungenkrankheit verfärbt sich die Zunge. Bild: ap

Erstmals hat eine deutsche Behörde versucht, Rinder trotz Widerstand des Bauern gegen die Blauzungenkrankheit zu impfen. Das Veterinäramt des Kreises Steinfurt in Nordrhein-Westfalen blies die für Donnerstag geplante Aktion zwar kurzfristig ab. Das Verwaltungsgericht Münster lehnte jedoch am Morgen einen Einspruch des betroffenen Hofes gegen die sofortige Zwangsimpfung ab. Amtsleiter Andreas Raaz sagte der taz: "Wir werden die Maßnahme zu gegebener Zeit durchsetzen."

Die Blauzungenkrankheit wütet seit 2006 auch in Deutschland. Mücken übertragen das für Menschen ungefährliche Virus auf Wiederkäuer wie Kühe, Schafe und Ziegen. Bei den Tieren verfärbt sich die Zunge, sie bekommen Fieber, Schwellungen und Entzündungen. 2007 wurden in Deutschland rund 43.000 infizierte Tiere gemeldet. Etwa 26 Prozent starben. Der Schaden für die Landwirte ist enorm. Um die Krankheit in den Griff zu bekommen, ordnete die Europäische Union an, Rinder, Schafe und Ziegen in den betroffenen Ländern zu impfen.

Doch manche Bauern wehren sich. Auch Heiner Lohmann aus Steinfurt, bei dem die Zwangsimpfer am Donnerstag anrücken sollten. Mit zwei Traktoren sperrte er die Zufahrtsstraße zu seinem Hof. Mehrere weitere Impfverweigerer demonstrierten ihre Solidarität. Zwei Mitarbeiter des Veterinäramtes schauten sich das Aufgebot an. Die beiden Polizisten vor Ort mussten nicht einschreiten.

Lohmann befürchtet, dass das Medikament vielen seiner etwa 110 impfpflichtigen Rindern schaden würde. "Bei meinem Nachbarn wurde im Mai geimpft. Danach gab es mehr Totgeburten, Fieber und Todesfälle als vorher", sagt Lohmann. Wissenschaftliche Studien, die den Zusammenhang mit dem Impfstoff belegen, gebe es aber nicht.

"Die Nebenwirkungen sind marginal", verteidigt sich Chefveterinär Raaz. Tatsächlich schätzen die Behörden nach den bisherigen Zahlen, dass bei 30.000 Impfungen im Schnitt nur ein Zwischenfall zu erwarten sei. Die Europäische Arzneimittelbehörde hat den Impfstoff laut Raaz nach Tests Mitte März zugelassen. Warum er gleich mit der Zwangsimpfung und nicht erst wie bei ähnlichen Fällen in Bayern mit einem Bußgeld droht? "Herr Lohmann hatte sich in unseren Gesprächen schon vehement gegen die Impfung ausgesprochen", so der Amtsleiter. Wahrscheinlich hätte der Landwirt trotz Bußgeld nicht geimpft.

Die Impfverweigerer stehen aber zunehmend auf einsamem Posten. Anneliese Schmeh von der ökologisch orientierten Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft steht zwar weiter hinter ihnen. "Die angedrohte Zwangsimpfung ist eine totale Einschränkung der Bürgerrechte", sagt sie. Aber selbst der gegenüber dem konservativen Bauernverband rebellische Milchbauernbund BDM schwenkt nun auf Behördenlinie ein. Sprecher Hans Foldenauer: "Wenn der Impfstoff zugelassen ist, muss die Pflicht für alle gelten." Schließlich sei die Seuche eine Gefahr für alle Betriebe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.