VERFASSUNG: Linksfraktion verklagt Senat

Regierung soll Bürgerschaft nicht ausreichend über Bundesratsinitiative für Schuldenbremse informiert haben, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet war

Verklagt den Bürgermeister, weil sie sich vom politischen Prozess ausgeschlossen fühlt: die Fraktion der Linken in der Bürgerschaft, hier am Tag ihres Amtsantritts Bild: dpa

Die Linksfraktion in der Bremischen Bürgerschaft hat beim Staatsgerichtshof Verfassungsklage gegen den Senat erhoben. Sie wirft der Koalition vor, eine Initiative für eine Grundgesetzänderung in den Bundesrat eingebracht zu haben, ohne der Bürgerschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Am 24. März stellten Bremen und Baden-Württemberg in der Länderkammer den Antrag auf Änderung des Artikels 109 des Grundgesetzes. Die Länder sollten verpflichtet werden, künftig ohne Kredite einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dieses Verbot einer so genannten strukturellen Verschuldung schränkt das Budgetrecht der Länder ein. Auf diese "Schuldenbremse" genannte Regelung hatten sich Bund und Länder in jahrelangen Verhandlungen in der Föderalismuskommission II geeinigt. Knapp drei Monate später stimmte der Bundesrat dem Gesetz zu.

Doch die Art und Weise, wie die Schuldenbremse zustande gekommen ist, stellt nach Ansicht der Linken einen Verstoß gegen den Artikel 79 der bremischen Landesverfassung dar. Der verpflichtet den Senat, die Bürgerschaft "frühestmöglich über alle Vorhaben in Zusammenarbeit mit dem Bund zu unterrichten, die für das Land von herausragender politischer Bedeutung sind oder erhebliche finanzielle Auswirkungen haben". Hier seien gleich beide Kriterien erfüllt, sagt Fraktionschef Peter Erlanson - doch der Senat sei seiner Beteiligungspflicht nicht nachgekommen. Das Gesetz sei "ohne jegliche Anhörung oder Information, quasi als geheime Kommandosache in den Bundesrat eingebracht" worden, so Erlanson. "Die Presse war besser informiert als wir", sagt seine Vorstandskollegin Monique Troedel. "Es gab nur eine aktuelle Stunde zu dem Thema, aber keine angemessene parlamentarische Beratung des Gesetzentwurfs." Genau die sei aber nötig gewesen, um als Opposition eine qualifizierte Stellungnahme abgeben zu können. "Es stellt sich die Frage, ob befürchtet wurde, keine Mehrheit in den Landesgremien zu finden", so Trödel. "Hier wurde die Verfassung übergangen."

"Ein abwegiger Vorwurf", sagt Senatssprecher Martin Prange. "Die Sache ist in der Bürgerschaft genau zehn Mal debattiert worden, der Senat hat zwischen März 2007 und Februar 2009 drei Regierungserklärungen zum Thema abgegeben." Zudem seien alle Fraktionschefs mehrfach ins Rathaus eingeladen worden - auch die der Linken. "Wer von einer ,geheimen Kommandosache' spricht, hat die Bodenhaftung verloren." Es sei allerdings richtig, dass der konkrete Gesetzentwurf nicht im Parlament vorgestellt wurde, weil dieser "erst in letzter Minute" fertig gewesen sei. Doch habe es zuvor "reichlich Zeit gegeben, die Kernelemente zu diskutieren."

Ein weiterer Anwurf der Linken: Der Senat habe keine Angaben über die finanziellen Folgen der Novelle gemacht. Diese könnten nach Meinung des Linken-Finanzpolitikers Klaus-Rainer Rupp beträchtlich sein: "Es ist möglich, dass Bremen bis zu 40 Prozent aller öffentlichen Angestellten entlassen muss." Als die Linke versucht habe, eigene Berechnungen anzustellen, "hat man versucht, uns der Lächerlichkeit preiszugeben", so Rupp. "Es gibt noch keine Zahlen", räumt Senatssprecher Prange ein, weil eine noch zu verabschiedende "Verwaltungsvereinbarung klären muss, welche Schritte die Empfängerländer gehen müssen".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.