Kommentar Horst Seehofer: Patchworkpapa und die Fallensteller

Horst Seehofer hat nichts Verbotenes getan, er hat auch nicht gelogen. Worüber regen sich seine Kritiker von rechts und links eigentlich auf?

Im Juli ist CSU-Parteitag. Mindestens bis dahin wird die Diskussion um das "ungeklärte Privatleben" des Parteivorsitzenden Horst Seehofer anhalten. Ungeklärtes Privatleben? Sogar auf die Seite eins der taz schlich sich diese muffige Diktion der Adenauerzeit für einen Tag ein. Auf dem CSU-Parteitag geht es um Posten, um Macht. Da kann es nicht schaden, dem Chef Grenzen aufzuzeigen. So dringlich, dass die Öffentlichkeit schon vor der Europawahl hätte informiert werden müssen, war die Aufklärung natürlich nicht - das hätte die Zahl der verfügbaren Posten womöglich reduziert.

Seehofers Feinde in der CSU, deren Zahl er seit seiner Wahl im Herbst nach Kräften vermehrt, haben sich eine hübsche Argumentation zurechtgelegt. In der Freizeit könne er tun, was er wolle, heißt es. Doch habe er die Partei nicht anlügen dürfen, als er sich vor zwei Jahren erstmals um den Vorsitz bewarb. Hat er? "Die Familie Seehofer bleibt zusammen", erklärte er damals in Ingolstadt. Später verwies er stets auf den Satz. In seiner Bewerbungsrede bekannte er sich nur allgemein zu Werten von Ehe und Familie und räumte beiläufig "eigene Unvollkommenheit" ein.

Dass er seine Freundin in Berlin verstoßen habe, sagte Seehofer nicht. Der Eindruck entstand in den Köpfen von Leuten, die offenbar in Ehrbegriffen des vorvergangenen Jahrhunderts dachten - und erwarteten, eine der zwei Frauen müsse im Duell auf der Strecke bleiben.

Nun kann man fragen, ob sich Seehofer offensiver zu einem Patchwork-Modell hätte bekennen sollen, das im Übrigen einige Berlin-Pendler praktizieren. Gegen die Front der Scheinheiligen wäre das allerdings schwierig geworden. Unter Seehofers Anklägern finden sich einträchtig Erzkonservative wie vermeintliche Linke, die einst die freie Liebe predigten.

Ein beliebter Fallenstellertrick: Die Gegner drängen den Politiker zur Stellungnahme. Gibt er nach und verstrickt sich dabei in Widersprüche, behaupten sie listig, das Thema selbst interessiere gar nicht - sondern nur der Widerspruch, in den sich der Politiker begeben habe. In diesem Spiel hat sich Seehofer wacker geschlagen. Bei ihm ist freilich die Verlockung groß, eine Parallele zur Politik zu ziehen: Tut er sich nicht auch im Berufsleben mit Eindeutigkeit schwer? Anders als sein Familienleben böte die Sprunghaftigkeit in seiner Politik tatsächlich Diskussionsstoff. Aber für Debatten über Inhalte ist ein Parteitag wohl der völlig falsche Ort.

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