Umweltschutz auf Militärflächen: Naturschutz mit Panzern

Berlin und Hannover geben Lebensräume des europäischen Natura-2000-Netzes in die Obhut der Bundeswehr. Nutzung durch das Militär machte die Gebiete wertvoll.

Dieser Panzer ist ein Naturschützer: Durch Zerstörung entstehen ökologische Nischen für seltene Arten. Bild: dpa

Die Bundeswehr soll auf ihren Truppenübungsplätzen in Niedersachsen weiter schalten und walten dürfen - auch wenn sie zum europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000 gehören. Eine Vereinbarung zwischen Bund und Land überträgt der Bundeswehr die Verantwortung für den Naturschutz auf den Übungsplätzen. Sie steht unter dem Vorbehalt "einer im Wesentlichen dauerhaft unbeeinträchtigten militärischen Nutzung", wie es in dem am Montag veröffentlichten Papier heißt.

Bundeswehrangaben zufolge gibt es 25 Truppenübungsplätze in Deutschland mit einer Gesamtfläche von 240.000 Hektar - eine Fläche fast so groß wie das Saarland. In Niedersachsen liegt mit 28.500 Hektar der größte dieser Übungsplätze. Dazu kommen die Plätze Munster und der Schießplatz in Nordhorn. Auf fast der Hälfte aller Übungsplatzflächen finden sich Arten und Lebensräume, die nach der Flora-Fauna-Habitat (FFH-)Richtlinie der EU zu schützen sind und dem ökologischen Verbundnetz Natura 2000 angehören.

Dass Bundeswehrflächen beim Naturschutz eine Rolle spielen, ist nur auf den ersten Blick verblüffend: Truppenübungsplätze gehören zu den wenigen nicht gedüngten Flächen in Deutschland. Der Magerrasen, der hier entstehen kann, lässt des Botanikers Herz höher schlagen. Wo lange genug Panzer drüber gerollt und Granaten eingeschlagen sind, wächst kein Strauch mehr. Hier entstehen Freiflächen und kleinräumige Zerstörungen in der Vegetation, wie sie in der Kulturlandschaft kaum mehr vorkommen.

Um die biologische Vielfalt zu erhalten, hat die EU Richtlinien für ein Netz von Schutzgebieten entwickelt. Es gibt zwei Typen:

FFH-Gebiete nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie schützen prioritäre Arten und Lebensräume.

Bei EU-Vogelschutzgebieten gibt es Konflikte mit Naturschützern, etwa wenn Düsenflugzeuge die Vögel stören.

Das schafft ökologische Nischen für seltene Arten. An der Bruchkante der Panzerspuren im ehemaligen Hamburger Übungsplatz Höltigbaum gruben sich Eisvögel ihre Nisthöhlen. Abgerissene Äste öffnen die Tür für Nachtfalter die ihre Eier in den Bast der Bäume legen. Neben den Städten seien die Truppenübungsplätze die artenreichsten Gebiete in Deutschland, sagt der Biologe Josef Reicholf. Nicht umsonst wurden viele ehemalige Übungsplätze für den Naturschutz reklamiert. Nützliche "Schäden", die durch die Panzer automatisch entstehen, müssten sonst durch spezielle Pflege oder Beweidung hergestellt werden. Im übrigen ist die Armee interessiert daran, ein vielgestaltiges Gebiet zu erhalten, weil sich darin gut üben lässt. Seit Ende der 80er-Jahre werden die Tiere und Pflanzen auf den Plätzen systematisch erfasst. Seit 2002 gibt es eine Richtlinie zur nachhaltigen Nutzung von Übungsplätzen.

Der Naturschutzbund (Nabu) bewertete die jetzt getroffene Vereinbarung positiv. Weil bis 2010 Managementpläne für alle Natura-2000-Gebiete erstellt werden müssen, sei sie ein richtiger Schritt. Allerdings fehle darin eine "qualifizierte und dauerhafte förmliche Schutzvorschrift" mit Erhaltungszielen.

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