Österreich vor Asylrechtsverschärfung: Anklage reicht für Abschiebung

Österreichs Innenministerium legt Pläne zur weiteren Einschränkung des Asylrechtes vor. Eine Wertewandel-Studie beobachtet verstärkte Ausländerfeindlichkeit in der Bevölkerung.

Laut einer Studie kann sich jeder fünfte Österreicher vorstellen, "einen starken Führer" zu haben. Bild: dpa

WIEN taz | "Asylgesuche in Österreich steigen" titelte die Kronen Zeitung letzte Woche in alarmierenden Lettern eine vom Innenministerium lancierte Nachricht. Tags darauf trat Innenministerin Maria Fekter, ÖVP, auch schon mit einem neuen Plan zur Verschärfung des Asylrechts an die Öffentlichkeit. Obwohl von Experten menschenrechtliche Bedenken geäußert werden, weiß sie sich der Zustimmung der Öffentlichkeit sicher.

Der Entwurf zu einer Gesetzesnovelle, die Anfang 2010 in Kraft treten soll, sieht vor, dass straffällig gewordene Asylbewerber abgeschoben werden können, wenn nur die Anklage vorliegt. Eine Verurteilung muss nicht mehr abgewartet werden.

Selbst ein bereits anerkannter Asylstatus soll nicht vor Abschiebung schützen, wenn jemand einer Straftat verdächtigt wird, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist und im Heimatland keine Asylgründe mehr vorliegen. Bei Asylbewerbern, deren deklarierte Minderjährigkeit in Zweifel gezogen wird, will man das Alter durch Röntgen bestimmen.

Abschiebehaft wird wohl noch häufiger verhängt werden als bisher. Die Gründe dafür sollen "adaptiert" werden, was die Innenministerin nicht näher ausführte. Sie wies jedoch darauf hin, dass die entsprechende Kapazität in den Haftanstalten vorhanden sei und ein großes Abschiebezentrum gebaut werde.

In den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden über 1.300 Personen außer Landes geschafft. Weitere 505 hat man gleich wieder über die Grenze zurückgeschickt. Mit dem Regierungspartner SPÖ scheint das Vorhaben abgestimmt zu sein. Bundeskanzler Werner Faymann erklärte jedenfalls am Wochenende das Projekt für notwendig.

Die Opposition reagierte mit den gewohnten Reflexen. Während die Rechtsparteien FPÖ und BZÖ zusätzliche Verschärfungen einforderten, warnte Alev Korun, die Menschenrechtssprecherin der Grünen, vor einer "weiteren Aushöhlung der Unschuldsvermutung für AsylwerberInnen".

Ihre Ansicht wird auch von Experten geteilt. Der Verfassungsrechtler Bernd Christian Funk findet das beschleunigte Abschiebeverfahren "verfassungsrechtlich und menschenrechtlich mehr als problematisch", und Roland Schönbauer, der Sprecher des UNO-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR, warnt, beim Kampf gegen punktuellen Missbrauch sei ein Generalverdacht gegen Asylsuchende unangebracht.

Als positive Neuerung wird von den Kritikern anerkannt, dass Angehörige, die von Abschiebung Betroffene schützen, nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden, und dass Asylbewerber mit Identitätspapieren ausgestattet werden sollen. Damit können sie dann etwa den Führerschein machen.

Innenministerin Fekter pflegt Kritik von rechts und links als Bestätigung zu deuten, dass sie auf dem richtigen Wege sei. Sie kann sich aber auch der Zustimmung einer zunehmend ausländerfeindlichen Bevölkerung sicher sein. Eine 2008 erhobene europäische Wertewandel-Studie, die am Wochenende veröffentlicht wurde, zeigt in Österreich nicht nur wachsende Ablehnung von Zuwanderung. So meint jede(r) Zweite, dass man Ausländer "wieder in ihre Heimat zurückschicken sollte, wenn Arbeitsplätze knapp werden".

Ein Fünftel der Befragten kann sich auch vorstellen, "einen starken Führer" zu haben, der sich nicht "um ein Parlament und um Wahlen kümmern muss". Immerhin 6 Prozent hätten gerne, dass die Armee regiert. Das ist eine Steigerung um das Sechsfache in zehn Jahren.

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