Kitas: Eltern für Erzieher

Bremer Eltern solidarisieren sich mit den ErzieherInnen und stürmen die Finanzbehörde - während in Hamburg das Arbeitsgericht den Streik vorerst beendet hat.

Am selben Strang ziehen: Eltern und Kinder stürmen die Bremer Finanzbehörde. Bild: Benno Schirrmeister

Jetzt haben sich die Eltern eingemischt. Wenigstens die von ein bis zwei Kitas in Bremen. Eltern und Kinder sind ja die Leidtragenden des Kita-Streiks, fünf Wochen dauert der schon, die Nerven werden dünn, die Urlaubstage schmelzen weg, aufgebraucht für Kinderbetreuung.

Heute gibt es einen Ausflug: Eltern mit Kindern in Gummistiefeln stürmen die Finanzbehörde. Aus Solidarität, denn "die Streik-Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen, die Forderung nach Lärm- und Gesundheitsschutz sind auch unsere Anliegen", sagt Elternsprecher Hans-Gerhard Schmidt.

Das Ganze ist eine unangemeldete Aktion, klein, aber ungewöhnlich: Bahnkunden zum Beispiel demonstrieren selten für Lokführer. Es findet sich trotzdem ein Gesprächspartner: Wolfgang Söller sitzt im Vorstand des kommunalen Arbeitgeberverbandes, gehört also zu der Seite, die bestreikt wird, und die, findet Schmidt, "in der Verantwortung steht". Söller tritt also vor Eltern und Kinder und erklärt, dass er zweifacher Vater sei, und dass auch Bürgermeisterin und Bürgermeister weitgehend ihr Anliegen teilten. Aber die Gespräche werden bundesweit geführt - und man ist klein und arm.

So ist Bremen: Alle wollen das Gute, ziehen am selben Strang - und sind sich der Ohnmacht bewusst. Anders in Hamburg, wo die Arbeitsrechtliche Vereinigung (AVH) gerade weitere Streiks verhindert hat: Die von der Gewerkschaft geforderten neuen Gremien für die Verbesserung des Gesundheitsschutzes dürfen laut Arbeitsgericht nicht im Tarifvertrag stehen. Derlei sei Sache der Personalvertretungen. So werde man den Konflikt gewiss nicht lösen, kommentiert Ver.di-Landesbezirksleiter Wolfgang Rose und kündigt Berufung an.

Die qualitativen Forderungen des Streiks sind strategisch wichtig: Sie bewirken den Schulterschluss mit den Eltern - und verstärken so den politischen Druck, auch in Hannover: "Die organisierte Elternschaft" sagt Georg Weil vom dortigen Kita-Stadtelternrat, "hält sie für berechtigt". Er hat mit der Vorsitzenden des örtlichen Gesamtelternbeirats die Stadtverwaltung aufgefordert, "auf die Erzieherinnen und Erzieher zuzugehen".

Zugleich bleibt der wirtschaftliche Druck des Streiks moderat: Zwar gibt es Einnahmenausfälle bei den Kommunen - die Eltern haben Anspruch auf Erstattung von Beiträgen und Essensgeld - aber die Ausgaben sinken ja auch. Ändern würde sich das, wenn Eltern statt Urlaubstage zu opfern Anspruch auf freie Tage erhöben: "Im Grunde", sagt Uwe Reim, Professor für Arbeitsrecht an der Bremer Uni, "dürften die zu Hause bleiben", ähnlich, wie wenn ein Kind krank wird. Schließlich haben sie den Streik nicht verschuldet. "Doch gibt es in dieser Frage noch keine gerichtliche Entscheidung." Ein bisschen kniffliger ist die Lage laut Rüdiger Krause, Arbeitsrechtler an der Uni Göttingen: "Es kann dazu berechtigen", sagt er, "wenn der Arbeitnehmer partout keine andere Chance hat, die Kinder unterzubringen". Allerdings müsste er das auch nachweisen.

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