Finanzspekulation: BVG-Chef im Gegenwind

Geldverschwendung Windige Finanzspekulationen, zu teures Führungspersonal und Kritik am Firmenumzug. Der Stuhl von BVG-Vorstandschef Sturmowski wackelt.

Den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) stehen harte Zeiten bevor. Erst kritisierte der Rechnungshof, dass die Personalkosten für die zweite und dritte Führungsebene viel zu hoch seien, dann zweifelten die Bilanzprüfer an der Wirtschaftlichkeit des Umzugs vor einem Jahr. Die dritte und gravierendste Baustelle ist jetzt die Forderung der US-Bank JP Morgen. Die will von der BVG umgerechnet 80 Millionen Euro für Verluste aus Finanzspekulationen erstattet haben. Im Sommer 2007 hatte das hoch verschuldete landeseigene Unternehmen auf Anraten von JP Morgan ein sogenanntes CDO-Paket mit einem Volumen von 157 Millionen Euro übernommen. Die BVG wollte mit diesem hochspekulativen Finanzprodukt Verluste aus ihren amerikanischen Leasinggeschäften kompensieren. Durch die Finanzkrise droht das Paket jetzt komplett auszufallen.

"Der Vorstand hat es versäumt, den Senat über die Forderungen aufzuklären, obwohl das schon seit mehreren Monaten bekannt war", sagte Jutta Matuschek, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Abgeordnetenhaus, am Dienstag. Das Vertrauensverhältnis sei gestört. "Das muss auch personelle Konsequenzen haben", erklärte Matuschek. Auch die Frage, ob das nicht schon für eine fristlose Kündigung von BVG-Vorstandschef Andreas Sturmowski reiche, müsse gestellt werden. Der Koalitionspartner SPD hält sich mit derartigen Forderungen noch zurück. "Wenn nach Prüfung des Sachverhalts alle Fakten auf dem Tisch liegen, wird Sturmowskis Vertrag wohl kaum über 2010 hinaus verlängert", sagte Jörg Stroedter, Wirtschaftsexperte der SPD-Fraktion.

Als "unglaublichen und grob fahrlässigen Vorgang" bezeichnete der finanzpolitische Sprecher der Grünenfraktion, Jochen Esser, die Spekulationen der BVG. "Deren Kompetenz ist es, Fahrpläne zu erstellen und nicht derartige hochspekulative Geschäfte zu durchschauen", sagte Esser. Dafür sei neben dem BVG-Vorstand und auch der Aufsichtsrat verantwortlich. Dessen Chef, der einstige Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), ist kürzlich zur Bundesbank gewechselt. Sturmowski müsse jetzt als Opfer herhalten.

Die Kritik am Umzug der BVG-Unternehmenszentrale von Schöneberg in die "Trias Türme" nach Mitte im vergangenen Sommer sei dagegen "eine Kleinigkeit", sagt Esser. Der Landesrechnungshof hält laut Agenturberichten eine wesentlich größere Mietersparnis für möglich, wenn sich die BVG intensiver nach einer geeigneteren Immobilie umgesehen hätte. So liege die geplante Mietersparnis nicht bei 2,7 Millionen Euro, sondern lediglich bei rund 400.000 Euro. Auch seien die Räumlichkeiten wesentlich größer als geplant, was zu 200.000 Euro Mehrkosten im Jahr führen würde.

Der neue Finanzsenator und BVG-Aufsichtsratschef Ulrich Nußbaum (parteilos) hat bereits angekündigt, die Sachverhalte zunächst zu prüfen, ehe er über den Vorstand reden werde. Die BVG war gestern für ein Statement nicht zu erreichen.

Jochen Esser, Grüne

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