Karstadt in Not: Wühlen am runden Tisch

Der angeschlagene Eigentümer Arcandor lässt nichts unversucht. Neben der Staatsbürgschaft beantragt er als Rettungsbeihilfe 437 Millionen Euro Kredit.

Ein Ruf nach Hilfe für die von Insolvenz bedrohte Kaufhauskette. Bild: dpa

BERLIN taz | Jetzt geht es Schlag auf Schlag bei Arcandor: Am Donnerstagabend teilte der Karstadt-Eigentümer mit, dass er einen Rettungsbeihilfe-Kredit über 437 Millionen Euro für die nächsten sechs Monate beantragt hat. Am Freitagnachmittag hatte Wirtschaftsstaatssekretär Walther Otremba dann mit Vertretern von Gläubigern, Eigentümern und des Arcandor-Konkurrenten Metro AG zu einem runden Tisch geladen. Ergebnisse wurden nicht vor Redaktionsschluss erwartet.

Am wahrscheinlichsten scheint eine mit staatlichen Krediten unterstützte privatwirtschaftliche Lösung, bei der Arcandor seine Karstadt-Warenhäuser mit den Kaufhof-Filialen der Metro zusammenlegt. Nach den Plänen von Metro-Chef Eckhard Cordes würden dabei rund 160 Kaufhäuser beider Marken übrigbleiben, 40 müssten verkauft und rund 5.000 Vollzeitstellen abgebaut werden. "In den Innenstädten bliebe mit Metro nur noch ein Kaufhausanbieter mit unbeschränkter Marktmacht übrig", kritisiert jedoch der Bremer Ökonom Rudolf Hickel. Ordnungspolitisch sei das eher ein "Sündenfall" als staatliche Hilfen.

Arcandor braucht bis zum 12. Juni eine Refinanzierung für auslaufende Kredite über 650 Millionen Euro. Sonst drohen Zahlungsunfähigkeit - und womöglich Überschuldung. Einem Bericht des Handelsblatts zufolge soll das Eigenkapital statt der bislang genannten 1,2 Milliarden nur noch 177 Millionen Euro betragen. Bei Arcandor wollte man das nicht bestätigen. Aktuelle Zahlen sollen am 18. Juni veröffentlicht werden.

Der Konzern hat bereits eine Staatsbürgschaft über 650 Millionen Euro aus dem Deutschlandfonds beantragt, der für Unternehmen gedacht ist, die durch die Finanzkrise in Nöte geraten sind. Die Bundesregierung glaubt jedoch nicht, dass Arcandor die Kriterien erfüllt. "Wenn ein Unternehmen schon im vorigen Juli in Schwierigkeiten war, kann man heute nicht sagen, die Schwierigkeiten kommen aus der Finanzkrise", sagte CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Geschäftszahlen des Konzerns vom letzten Sommer zeigen diese "Schwierigkeiten" allerdings nicht. Im Zwischenbericht des Geschäftsjahrs 2007/8 wies Arcandor zum 30. Juni 2008 einen operativen Gewinn von 203,7 Millionen Euro aus, zweieinhalbmal so viel wie ein Jahr zuvor.

Den Weg über die Rettungsbeihilfe hatten SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und CSU-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg als Alternative empfohlen. Sie kann generell an "Unternehmen in Schwierigkeiten" vergeben werden. Die EU-Kommission macht hier allerdings besonders strenge Auflagen. So müssen sich große Unternehmen zur Hälfte an den Kosten der Umstrukturierung beteiligen. Branchenkenner gehen davon aus, dass Arcandor 30 Prozent seiner Kapazitäten und Arbeitsplätze abbauen müsste. Deutlich mehr, als Eicks Sanierungskonzept vorsieht: Der Arcandor-Chef plant, 11 Warenhäuser sowie die Quelle-Technikcenter und -Shops in eine eigene Gesellschaft auszugliedern. Davon wären 12.500 der 68.000 Arcandor-Vollzeitstellen betroffen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.