Hypothekenkrise in den USA: Schwarze Mittelschicht unter Druck

Auf dem US-Häusermarkt ist zwei Jahre nach Platzen der Immobilienblase keine Entspannung in Sicht. Die Zahl der Zwangsversteigerungen steigt.

Schwarze und hispanische Hauseigentümer sind von der Krise besonders betroffen. Bild: dpa

Zuerst traf es in den USA die Hausbesitzer mit zweitklassigen Hypotheken. Inzwischen aber müssen auch Familien passen, deren Kredite einst solide erschienen, jedoch genau auf das Einkommen zugeschnitten waren. Schließlich sackte die US-Wirtschaft in die Rezession, Überstunden fielen weg, für viele kam die Arbeitslosigkeit. Sie wird bald im zweistelligen Prozentbereich liegen.

Diese Entwicklung zeigt deutlich, wie die verschiedenen Krisen ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken: Die Hypothekenkrise wuchs zu einer Bankenkrise, die die Realwirtschaft in Probleme stürzte, was sich nun wieder auf die Immobilienpreise und damit die Bonität der Hausbesitzer auswirkt. Dabei beschleunigt sich der Verfall sogar: Verloren Häuser im ersten Quartal 2008 noch rund 17 Prozent an Wert, waren es in den ersten drei Monaten 2009 schon mehr als 19 Prozent.

Das ist kein Wunder: Im vergangenen Jahr strichen die Unternehmen im Durchschnitt 256.000 Jobs im Monat, was zu erheblich mehr Zwangsversteigerungen führte. Jetzt fallen 665.000 Jobs jeden Monat weg. Allein im Januar und Februar sind 313.000 Häuser zwangsversteigert worden oder standen kurz davor. Jede Zwangsversteigerung kostet das Kreditinstitut im Durchschnitt 50.000 US-Dollar. Bei zwei Millionen Fällen wären das 100 Milliarden Dollar. Der Stresstest, bei dem vor zwei Wochen die Krisenfestigkeit der 19 wichtigsten US-Finanzinstitute überprüft wurde, wäre dann Makulatur.

Am häufigsten trifft es derzeit schwarze und hispanische Hauseigentümer. In ihren Vierteln kommt es dreimal häufiger zum Zahlungsverzug als in weißen Gegenden, berichtet das Pew Hispanic Center. Am schlimmsten ist es für die schwarze Mittelschicht. In New York zum Beispiel sind Kredite, die wegen mangelhafter Bonität teurer sind, bei schwarzen Familien mit einem Einkommen von recht ordentlichen 68.000 Dollar im Jahr fünfmal verbreiteter als bei weißen Familien mit dem gleichen oder sogar geringerem Einkommen. Der Unterschied ist gewaltig: Wer eine Hypothek von 350.000 Dollar über 30 Jahre aufnimmt, hat am Ende bei einem zweitklassigen Kredit 272.000 Dollar mehr an Zinsen bezahlt.

Warum zahlen die schwarzen Familien um die zehn Prozent Zinsen, obwohl sie über ein Einkommen verfügen, das sie eigentlich für einen konventionellen Kredit mit normalen Zinssätzen qualifiziert hätte? Weil die großen Banken wie Wells Fargo oder HSBC in den vergangenen zehn Jahren viele Finanzhäuser aufgekauft haben, die sich auf diese zweitklassigen Kredite spezialisiert hatten. Kreditmakler bekamen Sonderprämien, wenn sie ihren Kunden solche Kredite aufschwatzten.

"Weiße im Anzug bekommen einen Kredit, während du mit dem gleichen Einkommen keinen bekommst", sagte ein schwarzer Familienvater, der sein Haus verloren hat, im US-Fernsehen. "Also gehst du zum Makler." Wer den Schaden hat, wird oft noch mal geschröpft. Es gibt unzählige Firmen, die ihre Hilfe anbieten, um Leuten aus dem Kreditschlamassel zu helfen. Sie kassieren 4.000 Dollar Gebühren und verschwinden über Nacht.

Die Regierung von Präsident Barack Obama hat Gelder bereitgestellt, um wenigstens einen Teil der Hauseigentümer vor dem Verlust ihrer Immobilie zu bewahren. So will man bei einem Zwangsverkauf, der die Hypothek nicht abdeckt, mit dem Fehlbetrag einspringen, damit die Kreditwürdigkeit des Schuldners erhalten bleibt. Und zehn Milliarden Dollar stehen für Gegenden zur Verfügung, in denen die Hauspreise am stärksten fallen. Das Geld soll Banken einen Anreiz bieten, die Kreditbedingungen neu auszuhandeln, um eine Zwangsversteigerung zu vermeiden.

Das Programm läuft seit März und hat seitdem 55.000 Familien geholfen. Insgesamt sollen im Zuge dieses Programms bis zu neun Millionen Hypotheken neu verhandelt werden. Wenn die Arbeitslosigkeit weiter steigt wie bisher, wird das nicht reichen.

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