Umweltschutz und EU: "Hasenfüßige Klimapolitik"

Die Europawahlen sind wichtig für den Kampf gegen die Erderwärmung, meint Matthias Duwe vom Climate Action Network. Bisher sei viel zu wenig passiert.

Entschieden für Klimaschutz: Eine Umweltschützerin beim Protest. Bild: dpa

taz: Herr Duwe, in wenigen Tagen wählt Europa. Was bedeutet das für die EU-Klimaschutzpolitik?

Matthias Duwe: Die Wahlen sind ungeheuer wichtig für die europäische Klimapolitik. Das Parlament hat bis jetzt wichtige Akzente gesetzt. Aber die meisten Leute unterschätzen seine Rolle im EU-Gesetzgebungsverfahren. Viele wissen auch nicht, wie wichtig die EU für die Klimaschutzpolitik auf nationaler Ebene ist. Dreiviertel der Umweltgesetzgebung wird in Brüssel und Straßburg entschieden.

Wie wichtig ist die Wahl für den Weltklimagipfel im Dezember in Kopenhagen?

Die Veränderungen durch die Wahlen sind zu kurzfristig vor dem Gipfel. Deshalb erwarten wir von dem neuen Parlament wenig neue Impulse vor der Konferenz. Aber nach einem Vertragsabschluss müssen die Beschlüsse umgesetzt werden. Außerdem kann es gut sein, dass der Prozess über den Gipfel hinaus dauert oder dass die Verhandlungen scheitern. Und dann wird es für das neue Parlament spannend.

Auch die Kommission wird im Herbst neu gewählt - sie nimmt an den Verhandlungen teil.

Es hängt davon ab, ob es bei der derzeitigen Besetzung der Ressorts bleibt oder nicht. Wenn wir knapp zwei Monate vor den Verhandlungen einen neuen Umweltkommissar hätten, der an den ministeriellen Verhandlungen teilnimmt, wäre das sehr unglücklich. Problematisch kann es auch sein, wenn das Kommissionsoberhaupt wechselt: Denn José Manuel Barroso hat sich in letzter Zeit sehr eindringlich und wortgewaltig für Klimaschutzpolitik stark gemacht. Da könnte es problematisch werden, wenn jemand an die Spitze kommt, der nicht so glaubwürdig ist.

Dass Kommissionspräsident Barroso glaubwürdig ist, sehen aber viele grüne und rote Parlamentarier anders.

Natürlich muss man kritisch sein, was die Gesamtbilanz der Barroso-Kommission angeht. Die Green 10 - die zehn größten europäischen Umweltverbände - werden in drei Wochen eine neue Bewertung von Barrosos Amtszeit vorlegen. Ich kann jetzt schon sagen, dass das Urteil insgesamt eher schwach ausfällt. Aber seine Klimapolitik bekommt noch die stärkste Note.

Halten Sie den jetzt vorliegenden ersten EU-Verhandlungstext für Kopenhagen für eine gute Grundlage?

Entscheidend ist, dass sich die Industrieländer zu neuen, stärkeren und weitreichenderen Reduktionen verpflichten müssen. Aber der politische Wille, neue Zahlen auf den Tisch zu legen, ist derzeit fast nirgendwo vorhanden. Die Europäer haben zwar einen ersten Schritt gemacht. Der ist aber hasenfüßig im Vergleich zu dem, was notwendig ist.

Was meinen Sie genau mit "hasenfüßig"?

Das im Dezember beschlossene EU-Klimapaket ist unzureichend und nicht kompatibel mit dem Anspruch der EU, den weltweiten Anstieg der Temperatur über zwei Grad zu verhindern. Doch was aus anderen Teilen der Welt kommt, ist noch schwächer. Natürlich bewegt sich derzeit am meisten in den USA. Aber die fangen im Vergleich zu den Europäern bei minus 20 an.

Was muss in der nächste Legislatur denn auf jeden Fall passieren?

Das Wichtigste ist die Konferenz im Dezember, die das Mandat und den Anspruch hat, ein neues internationales Klimaabkommen zu vereinbaren. Das Parlament und die Kommission können viel dazu einbringen, vor allem auch in der nationalen Politik. Danach müssen auch die Vereinbarungen möglichst schnell und klimafreundlich umgesetzt werden. Und es gibt noch viele Bereiche, in denen weitere Emissionsreduktionsmaßnahmen notwendig sind - wie etwa im Verkehrssektor.

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