Kommentar Zentrales Waffenregister: Mutloses Reförmchen

Ein nationales Waffenregister ist ein sinnvolles Unterfangen - um Grundsatzfragen hat sich die Koalition jedoch gedrückt.

Immerhin, da entfaltet der Staat ein Mal seine Daten-Sammelwut an der richtigen Stelle. Ein nationales Waffenregister einzurichten, wie es die Koalition beschlossen hat, ist ein sinnvolles Unterfangen. Bisher erfassen und speichern die Länder Pistolen und Gewehre nach jeweils eigenen Systemen, 570 Waffenerlaubnisbehörden wirtschaften bundesweit vor sich hin, kurz: Deutschlands Tötungsinstrumente sind in einem unübersichtlichen Behördenwirrwarr katalogisiert.

Eine zentrale Erfassung schafft nun bei einem brisanten gesellschaftlichen Problem mehr Transparenz. Dass sie den Behörden bei Verbrechen mit registrierten Waffen einen möglichen Weg zum Täter weist, ist dabei fast der kleinere Effekt. Wichtiger ist, dass eine sorgfältige Erfassung den Waffenfans Verantwortung zuweist. Jedem Schützen, der sich eine scharfe Waffe in den Hobbykeller legt, wird durch die bundesweit einheitliche Registrierung noch einmal gegenwärtig, dass der Staat im Zweifel ein Auge auf ihn hat. Und er wird hoffentlich sorgsamer mit der Waffe umgehen.

Bei all dem ist jedoch eines klar: Die Koalition hat beim Waffenrecht politisch versagt. Die Idee des zentralen Waffenregisters zum Beispiel ist keine Erfindung von Union und SPD. Vielmehr setzt die Koalition lediglich etwas schneller eine Maßnahme um, die die EU sowieso bis zum Jahr 2014 gefordert hätte. Und sie ist sich nicht zu schade, dies als eigenen Lernfortschritt zu verkaufen. Reförmchen wie ein Register stellen sowieso nur Nebenkriegsschauplätze dar, sie werden keinen einzigen Amoklauf verhindern. Um Grundsatzfragen aber - ob etwa Privatleute großkalibrige Pistolen mit hoher Durchschlagskraft brauchen - hat sich die Koalition gedrückt. Aus Furcht vor der Lobby der Waffenindustrie und Sportschützen, die nach dem Amoklauf in Winnenden auf die Barrikaden ging. Die Waffennarren haben also gesiegt - auch wenn sie in Zukunft in einem Register stehen.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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