Ein Autor mag Osnabrück: Ein Thema hat er nicht gefunden

Osnabrück ist für den jungen Dramatiker Dirk Laucke eine zweite Heimat geworden. Und er kommt gerne zurück - wegen des dortigen Theaters.

Kommt nach Osnabrück, wohnt in Berlin: Dirk Laucke. Bild: privat

Zwischen den brav-bürgerlichen Sonnenschirmen auf dem Osnabrücker Marktplatz wirkt Dirk Laucke in seinem zerrissenen T-Shirt wie ein Fremdkörper. Dennoch ist die Stadt für den 26-jährigen Dramatiker mittlerweile ein vertrauter Ort. Schuld daran ist das Osnabrücker Theater - und sein Intendant Holger Schulze.

Derzeit ist der Wahlberliner Laucke in die traute Idylle des mittelgroßen Städtchens zurückgekehrt, um ein weiteres seiner Stücke uraufführen zu lassen. "Ich fühle mich hier einfach gut aufgehoben", sagt er und nippt an seinem koffeinhaltigen Getränk. Es sei "schon ein engeres Verhältnis geworden" zwischen ihm und dem kleinen Theater mit dem kleinen Etat.

Zwei Jahre ist es her, dass Lauckes "alter ford escort dunkelblau" in Osnabrück die Theaterkritiker beeindruckte. "Es ist schon ein Glücksfall, dass das Stück hier gelandet ist", sagt Laucke, und das klingt, als ob er es auch so meint. Laucke will sich nicht anbiedern, das hat er auch nicht nötig. Er weiß einfach nur zu schätzen, was das Osnabrücker Theater aufstrebenden Dramatikern und Regisseuren zu bieten hat: eine Spielwiese für Experimente und ein gutes Gespür für Talente.

Das Theater seinerseits schmückt sich gerne mit dem Jungautoren, präsentiert ihn als Aushängeschild für die eigene Nachwuchsarbeit. Und das Haus ist stolz darauf, dass Laucke trotz zunehmenden Erfolgs nach Osnabrück zurückkommt. "Für uns ist er sehr wichtig. Ich halte ihn zurzeit für einen der, wenn nicht sogar für den besten Nachwuchsautor", schwärmt Intendant Schulze.

"zu jung zu alt zu deutsch" heißt Lauckes neustes Werk, das am Freitag Premiere hat. Es geht um Alt-Nazis, Jung-Nazis, Illegale und Knastis. Laucke taucht ab in soziale Milieus, die der Theatergänger im realen Leben lieber meidet. In seinen Stücken kommen Leute vor wie Roy, der mal langhaariger Headbanger gewesen ist, verprügelt wurde, dann zum gewalttätigen Sharp-Skin mutierte und immer noch Motörhead hört. Oder wie Sascha, der leicht bekleidet für einen alten Mann putzt, der sich zu diesem Anlass in seine SS-Uniform zwängt.

Laucke gilt als politischer Dramatiker. Er schildert gerne schwierige soziale Umstände, geht selber gegen Hartz IV auf die Straße. In seinem ersten Stück "Sympton" sei "Parolemachen" angesagt gewesen, sagt er dazu. Das habe sich aber geändert: "In meinen Stücken halte ich mich zurück, den Leuten irgendwie meine Meinung aufzudrücken."

Laucke kennt das Leben, von dem er schreibt. Auch das der Protagonisten aus "escort". "Ich kenn die meisten irgendwie, habe auch wie die Leute im Stück im Getränkelager gearbeitet." Er müsse die Dinge, über die er schreibe kennen, das heißt recherchieren - auch die Menschen in "zu jung zu alt zu deutsch" sind einmal Teil seines Alltags gewesen. Das bedeute aber nicht, dass er alles selber erlebt haben müsse.

Das neue Stück spielt in der Stadt, in der es zum ersten Mal inszeniert wird. "Ist aber kein fetter Aufhänger geworden", schränkt Laucke ein. Es gibt einen Bus Richtung Darum - ein Stadtteil Osnabrücks. Auch Belm, die Nachbargemeinde, kommt vor. "Es ist schon ein Entgegenkommen für das Theater, weil es mich geprägt hat", sagt er. Er hat sogar nach einem Osnabrück-Thema für sein Drama gesucht, aber keines gefunden. So stehen die wenigen Anspielungen weiteren Aufführungen in anderen Gegenden Deutschlands wenigstens nicht im Weg.

In der nächsten Spielzeit wird er wieder für das Osnabrücker Theater ein Stück verfassen. Die Verträge liegen schon auf dem Tisch und müssen nur noch unterzeichnet werden. Es wird um Globalisierung gehen, um einen Flughafen und einen Typen, der dort festhängt. Laucke kennt auch das. Schließlich ist er in Schkeuditz geboren, einem Ort oder besser einer Ausfahrt an der A 9 bei Leipzig, mit bestem Blick auf den expandierenden Flughafen Halle-Leipzig.

Dass der Ort der Uraufführung wieder Osnabrück sein wird, liegt weniger an der Stadt. "Ich hab hier gerne gewohnt, das Team hier ist schon ganz fit, ich mag die einfach. Es nicht so, dass die Stadt der Reiz ist, der mich hier hält", stellt Laucke klar. Ist ja auch nicht Berlin.

Doch kulturell scheint Osnabrück Ausstrahlung zu haben. Zumindest wird es durch Lauckes regelmäßige Anwesenheit geadelt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.