Regierungskrise in Kenia: Sexstreik als Protest

Frauenorganisationen in Kenia wollen die zerstrittene Regierung zur Raison bringen. Die Sicherheitslage ist weiter angespannt. Eine Männer-Lobbygruppe warnte hingegen vorm Fremdgehen.

Die Frauen in Kenia wollen wieder ein gewaltfreies Land - dafür gehen sie auf die Straße und treten in einen Sexstreik. Bild: dpa

BERLIN taz | Die schwere Regierungskrise in Kenia hat Frauenorganisationen des ostafrikanischen Landes zu einem ungewöhnlichen Schritt animiert: Sie rufen zu einem einwöchigen Sexstreit auf. Sie wollen ihre Männer dazu bringen, Druck auf die Politiker auzuüben, damit diese ihre Streitigkeiten beenden und das Land verantwortungsvoll regieren. Das Bündnis "Gender 10" appellierte auch an Lucy Kibaki und Ida Odinga, die Frauen von Präsident Mwai Kibaki und dem ehemaligen Oppositionsführer und heutigen Premierminister Raila Odinga, sich an der Aktion zu beteiligen.

Wie die kenianische Zeitung Daily Nation berichtete, stellte "Gender 10" den Aktionsplan am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Nairobi vor. Die Frauen zeigten sich frustriert über das Gerangel in der Koalition und die schlechte Führung der beiden Hauptkonkurrenten. Sie wollen die Woche des Sexstreiks dafür nutzen, einen Verhaltenskodex zu entwickeln, auf den sich der Präsident und der Premierminister mit ihrer Unterschrift verpflichten sollen. "Wenn sie das nicht unterschreiben, wäre das eine Bestätigung des Mangels an gutem Willen und Engagement," sagte Ann Njogu vom CREAW, einer NGO, die sich einer besseren Erziehung verschrieben hat.

An der Aktion beteiligen sich der Verband der Richterinnen (Fida), Maendeleo ya Wanawake, eine Frauenentwicklungsorganisation, eine Kinderinitiative und weitere zivilgesellschaftliche Gruppen. Patricia Nyaundi, Direktorin von Fida, wies darauf hin, dass sich auch Prostituierte an dem Sexstreik beteiligen werden. Vermittelt über verschiedene Organisationen soll ihnen eine Entschädigung für den Verdienstausfall in dieser Zeit gezahlt werden.

Rubia Subow, Vorsitzende von Maendeleo ya Wanawake, beklagte, dass die Politiker in einen Machtkampf verstrickt seien, während die Bevölkerung unter Hunger und Gewalt leide. "Gender 10" legte einen Forderungskatalog vor, dessen wichtigste Punkte die blockierte Land-, Justiz- und Verfassungsreform betreffen, den Streit um die juristische Aufarbeitung der Gewalt nach den Wahlen Anfang 2008 und die Belangung ihrer Hintermänner, sowie die Bekämpfung von Hunger, Armut und Unsicherheit.

Hintergrund der Aktion von "Gender 10" ist eine seit Wochen schwelende Regierungskrise, die schwerwiegende Folgen für Kenia haben kann. Bei ethnischen Unruhen nach den Präsidentschaftswahlen 2008 kamen mehr als 1.000 Menschen ums Leben, 300.000 wurden vertreiben. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan vermittelte daraufhin die Bildung einer Koalitionsregierung, die seit gut einem Jahr amtiert. Kompetenzstreits zwischen Präsident und Premier, Konflikte über die Besetzung wichtiger Posten und der Streit um das Sondertribunal, das die Hintermänner der Unruhen belangen soll, lähmen die Regierung. Odinga drohte am vergangenen Wochenende bereits mit einem Bruch der Koalition und vorgezogenen Neuwahlen. Viele Kenianer befürchten in diesem Fall eine Wiederholung der Gewalt. Die Aktion von "Gender10" ist daher auch der Versuch, öffentlich eine Notbremse zu ziehen.

Der Aufruf zum Sexstreik rief indes promt eine Männer-Lobbygruppe auf den Plan. Nderitu Njoka, der Vorsitzende von Maendeleo ya Wanaume, nannte es unglücklich, dass Frauen Sex als Waffe gegen ihre Männer einsetzen wollten. "Das widerspricht der Bibel, die die Frauen dazu aufruft, den Männern untertänig zu sein," sagte er telefonisch gegenüber Daily Nation. Inhaltlich stimmte Njoka den Forderungen der Frauen zu, wies aber zugleich darauf hin, dass auch der einfache Mann unter den Verhältnissen leide. Er warnte die Frauen davor, das die Männer bei einem Sexstreik fremdgehen würden, was zu Eheproblemen führen könne. "Das kann keinen Erfolg haben," fügte er hinzu. "Sie sollten lieber etwas anderes machen".

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