PROSTITUTION: Duell der Doppelmoralisten

In Hamburg diskutieren Bürgerschaft und der "Runde Tisch Sexarbeit" die Zukunft der Prostitution. Grüne regen "Bordell-TÜV" an, SPD fordert Steuern für Huren.

Keine Rotlicht-Debatte ohne Doppelmoral. Bild: Markus Scholz

Keine Rotlicht-Debatte ohne den Begriff Doppelmoral. Sechs Wochen nachdem in Hamburg ein Runder Tisch zur Zukunft der Sexarbeit mit 35 VertreterInnen verschiedener Behörden und Vereine eingerichtet worden ist, debattierte die Bürgerschaft der Hansestadt über die Zukunft des Prostitutionsgewerbes.

Und alle Parteien waren sich schnell einig. Erstens: Der Runde Tisch, der in den schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen beschlossen und nach Berliner und Dortmunder Vorbild Anfang März eingerichtet wurde, tut not, um die Arbeit der Prostituierten zu legalisieren und die Sexarbeiterinnen besser zu schützen. Zweitens: Die Hamburger Rotlicht-Debatte ist von Doppelmoral geprägt und die Doppelmoralisten sitzen allesamt beim politischen Gegner.

So warfen die SPD-Abgeordneten Gabriele Dobusch und Jan Balcke den CDU-Doppelmoralisten vor, sieben Jahre lang die Umsetzung des vom Bundestag 2002 beschlossenen Prostitutionsgesetzes verpennt zu haben und sich nun erst auf Drängen der GAL dem Thema zu widmen und plötzlich vollmundige Reden zu schwingen.

Doch die CDU schlug durch ihren Gesundheitssenator Dietrich Wersich verbal unerbittlich zurück: Die SPD habe in Hamburg-Wandsbek als Vorhut einer Bürgerbewegung gegen die Ansiedlung eines Großbordells "Vorurteile gegen Prostitution geschürt und bedient".

Ihr Bezirksbürgermeister in Hamburg-Mitte, Markus Schreiber, habe mit seiner Forderung, ganz Hamburg zum Sperrgebiet zu erklären, "die Diskussion nicht wirklich vorangebracht", ergänzte die GAL-Abgeordnete Antje Möller. Und die Abgeordnete der Linken, Kerstin Artus, warf dem SPD-Innenexperten Andreas Dressel vor, "mit dem Schmuddel Stimmung zu machen", weil dieser zuvor über die Bild-Zeitung gefordert hatte, auch Huren sollten in Hamburg endlich Steuern zahlen.

Jenseits des parteipolitischen Schlagabtauschs gelang es zumindest der GAL-Abgeordneten Linda Heitmann, einmal anzutippen, was die Ziele des Runden Tisches seien: Hier gehe es darum, Hilfen für ausstiegswillige Sexarbeiterinnen zu organisieren, die aufenthalts- und arbeitsrechtliche Situation der Migrantinnen im Sexgewerbe zu verbessern und vielleicht sogar einen "Bordell-TÜV" für Hamburg zu etablieren. Eine Forderung, bei der einige Herren des Koalitionspartners CDU in ein spätpubertäres Gejohle ausbrachen.

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