Verdacht auf Manipulation: Kartellamt prüft größte Stromkonzerne

Vattenfall und Co müssen bis Mai ihre Kalkulationen rechtfertigen. Denn das Bundeskartellamt fürchtet, dass die Verbraucher zu viel zahlen, weil die Preise manipuliert werden.

Die Kraftwerksbetreiber müssen jetzt offenlegen, was die Erzeugung von Strom kostet. Bild: ap

BERLIN taz „Auf den ersten Blick scheint die Einführung des Wettbewerbs auf den Strom- und Gasmärkten geglückt zu sein“, sagte am Freitag der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher, Aribert Peters. „Ein zweiter Blick enthüllt jedoch, dass unter dem Deckmantel des Wettbewerbs die Verbraucher kräftiger als je zuvor ausgeplündert werden.“

Ob und inwiefern Energiekonzerne ungerechtfertigte Gewinne durch Preismanipulationen einfahren, will nun das Bundeskartellamt genau unter die Lupe nehmen. In einer sogenannten Sektoruntersuchung will sich das Amt eine umfangreiche Datengrundlage verschaffen. Ins Visier nimmt das Amt die rund 60 größten Kraftwerksbetreiber und Großhändler die zusammen über 90 Prozent der deutschen Erzeugungskapazität abdecken. Alleine die vier größten Unternehmen – Eon, Vattenfall, RWE und EnBW – kontrollieren über 80 Prozent der Stromproduktion. Untersucht werden die Jahre 2007 und 2008.

Das Bundeskartellamt kann seit 2005 mit den Sektoruntersuchungen detaillierte Einsichten in die Konzernakten verlangen. Bereits in der Vergangenheit nutzte das Amt das Instrument, um den Wettbewerb in der Mineralölindustrie und auf dem Markt der Ferngasnetze zu prüfen. Im jetzigen Fall sollen in erster Linie Daten zu Kosten der Stromerzeugung, zur Nutzung der Kraftwerke sowie zum Angebot auf den Großhandelsmärkten zusammengestellt werden. Die Wettbewerbshüter wollen gegen die Stromfirmen vorgehen, falls sie ihnen missbräuchliche Verhaltensweisen nachweisen können.

Das Bundeskartellamt betonte, dass kein konkreter Verdacht die jetzige Untersuchung ausgelöst habe. „Aber wir machen so eine Prüfung natürlich nicht auf Märkten, wo der Wettbewerb tobt, sondern dort, wo wir die Ahnung haben, dass etwas im Argen liegen könnte“, sagte ein Amtssprecher zur taz. So stelle sich hinsichtlich der stark rückgängigen Rohstoffpreise in dem dritten und vierten Quartal 2008 die Frage, warum die Stromgroßhandelspreise in diesem Zeitraum so hoch lagen wie im Jahr 2007.

Die Stromkonzerne haben jetzt Datenbögen erhalten. Sie müssen diese bis zum 6. Mai an das Kartellamt zurückschicken. Die Untersuchung wird voraussichtlich mindestens mehrere Monate dauern. Martin Pack, RWE-Sprecher, sagte: „Wir haben bereits vor zwei Jahren nachgewiesen, dass wir nicht manipulieren. Seitdem hat sich an unserem Verhalten nichts geändert.“ Vattenfall wollte am Freitag keinen Kommentar abgeben, ein Eon-Sprecher verwies auf den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Dieser Verband sieht der Prüfung anscheinend sehr gelassen entgegen. In einer schriftlichen Stellungnahme hieß es: „Wir haben hierzulande auf dem Strommarkt eine Vielfalt, die in Europa ihresgleichen sucht.“ In anderen europäischen Ländern sei die Marktkonzentration viel stärker.

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