denkmalschutz: Gott und seine Häuser

In Zeiten knapper Mittel gewinnt das Thema Sakralbauten unerwartete denkmalpflegerische Brisanz - auch wenn der Landeskonservator deren Erhalt als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe definiert

Nicht das elegant geschwungene Dach allein macht St. Lukas in Grolland erhaltenswert Bild: Denkmalamt

Den Bremer Kirchen hat das Landesamt für Denkmalpflege den sechsten Band seiner Schriftenreihe gewidmet. Das ist ein Thema mit Brisanz - bundesweit, wenn auch noch nicht in Bremen -, ohne dass es einen Konflikt zwischen Denkmalschutz und Kirchen gäbe.

Im Gegenteil: Die Broschüre selbst kann auch als eine Art Grußwort zum Kirchentag verstanden werden. Und Landeskonservator Georg Skalecki stellte bei ihrer Präsentation am Mittwoch klar, dass Kirchen auch in Bremen "immer wichtige Zeugnisse der Kultur waren". Was ein, wenn nicht der Ausgangspunkt der Lehre von Erhalt und Restaurierung des architektonischen Erbes ist.

Das Problem ist eher: Die Kirchen als gesellschaftliche Institutionen haben seither massiv an Bedeutung verloren. Sprich: an Mitgliedern. Also an Geld: Während in Bremen die Katholiken da eine Ausnahme machen - in den vergangenen 50 Jahren hat sich ihre Zahl auf 83.573 rund verdoppelt - folgt die BEK dem bundesweiten Trend: Im selben Zeitraum ist sie um 100.000 auf 236.096 Seelen geschrumpft. Und während es für Skalecki feststeht, dass der Erhalt ihrer Bauten "eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe" ist und "die staatliche Seite" die Eigentümer "in der problematischen Situation einbrechender Kirchensteuereinnahmen nicht allein lassen" darf, scheinen das andere staatliche Stellen nicht so uneingeschränkt zu bejahen. "Im Bezug auf den Dom", kündigt Brahms an, "wird es mit politischer Seite noch Gespräche geben müssen." Denn die bisherigen seien "nicht so finanziell von Erfolg gekrönt gewesen".

Das lässt aufhorchen. Denn 36 von den 53 Kirchenbauten, die im Land unter Schutz stehen gehören der BEK. Und der Dom ist unter ihnen zweifellos das populärste Denkmal. Am ungefährdetsten also, dicht gefolgt von den übrigen mittelalterlichen Innenstadt- und Dorfkirchen wie in Arsten und Arbergen. Ganz im Gegensatz zu den Gotteshäusern, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind. Denn der Versuch, traditionelle Inhalte mit einer modernen Formensprache zu verbinden, wird oft als hässlich empfunden. Sprich: Diese Kirchen kommen als erstes auf die Abbruchlisten, die es zwar bei der BEK laut Brahms noch nicht, aber im für Bremen-Nord zuständigen katholischen Bistum Hildesheim durchaus gibt. Bereits profaniert hat der dortige Bischof Norbert Trelle 14 Kirchen, 60 weitere sollen folgen, von denen etliche als nicht recycelbar gelten - ausnahmslos Baujahre nach 1945.

Gerade in diesem Bereich aber finden sich in Bremen die architektonisch-originellsten Sakralbauten, verbunden meist mit dem Namen Carsten Schröck: Der bereits im Alter von 49 Jahren verstorbene Fischerhuder Architekt zeichnet für die elegant geschwungene Konstruktion von St. Lukas in Grolland, die dramatischen Zacken der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde in Huchting, aber auch das in erster Linie klotzige Gemeindezentrum in Lüssum verantwortlich.

Diese Schröck-Kirche fehlt noch in der Bremer Denkmalliste. Zu wissen, dass dessen Waschbeton-Klinker-Charme einer theologisch-liturgischen Neubestimmung von Kirche als einem Ort sozialer Funktionen - von Kommunikation bis Kinderbetreuung - entspricht, macht sie zwar nicht schön. Aber zum interessanten Zeugnis ihrer Bauzeit - den frühen 1970er Jahren. Letzteres wäre laut Denkmalschutzgesetz entscheidend.

Denkmalpflege in Bremen, Bd. VI, Temmen, 96 Seiten, 5,90 €

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.