Kommentar USA und Kuba: Obamas "Ostpolitik"

Es taut zwischen Washington und Havanna - das könnte auch so weitergehen. Die Kubaner würden nicht verstehen, wenn ihr Regime Obama die kalte Schulter zeigt.

Reiseerleichterungen für Exilkubaner, weitere Ausnahmen vom Wirtschaftsembargo, Abbau von Hindernissen für Geldüberweisungen nach Kuba, Staatschef Raúl Castro empfängt US-Abgeordnete - schon nach wenigen Wochen der Obama-Regierung taut es zwischen Washington und Havanna.

Obama, der schon im Wahlkampf auf starke Sprüche vor den Exilkubanern in Florida verzichtet hat, begann seine Wendepolitik mit Maßnahmen einzuleiten, die an Willy Brandts Zugehen auf die DDR in den 1970er Jahren erinnern und auf beiden Seiten gut ankamen. Für substanzielle Veränderungen in den seit bald 50 Jahren frostigen bis feindseligen Beziehungen bedarf es aber eines parteiübergreifenden Konsenses im Kongress und deutlicherer Gesten des Entgegenkommens vonseiten der kubanischen Revolutionsführer.

Dafür aber könnte der Bericht des Senators Richard Lugar sorgen. Der einflussreiche Republikaner leitete eine Kommission, die vergangenen Februar ihre Arbeit mit einem Plädoyer für die spürbare Lockerung des vor 47 Jahren verhängten Embargos gegen die Zuckerinsel abschloss. Die Blockadepolitik von Kennedy bis Bush habe ihr Ziel verfehlt, stellt der Bericht fest. Ein weiteres Zugehen auf Kuba, das letztlich in der Aufhebung des Embargos und der Wiederaufnahme in die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) gipfeln kann, dürfte also im Kongress auf nur geringen Widerstand stoßen. Und schließlich sterben selbst in Miami, wo der Großteil der 1,5 Millionen Exilkubaner lebt, die Hardliner langsam aus.

Bleibt die Frage, ob die "Ostpolitik" auch die gewünschte Öffnung in Havanna herbeiführen beziehungsweise die zaghafte Reformpolitik befördern kann. Dass Raúl Castro Staatsland an Private verpachten lässt, um die Agrarproduktion zu steigern, hat primär wirtschaftliche Gründe. Auf Kritik und Reformdruck aus den eigenen Reihen reagiert Raúl bisher mit denselben Reflexen wie sein großer Bruder Fidel: Türe zu, bevor der Spalt zu groß wird. Aber die kubanische Bevölkerung wird es nicht verstehen, wenn er den Avancen Obamas die kalte Schulter zeigt.

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*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.

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