Kommentar G-20-Gipfel: Wer zieht den Schwarzen Peter?

Auf dem Londoner Gipfel werden die Deutschen als die großen Bremser kritisert. Doch auch die anderen Industrienationen können keinen Weg zur Überwindung der Wirtschaftskrise aufzeigen.

Direkt vor dem G-20-Treffen kritisiert der japanische Premierminister Taro Aso auf harscheste Weise die deutsche Regierung: Sie habe die Wichtigkeit eines staatlichen Konjunkturprogramms nicht begriffen. Auch aus Großbritannien und den USA werden die Deutschen unverblümt als die großen Bremser angeprangert.

Sarkozy wiederum blafft in Richtung der Angelsachsen, er werde einfach abreisen, wenn seine Forderungen zur Finanzmarktregelung nicht unterstützt werden. So etwas tut man alles nicht, wenn man auf einem Gipfel wirklich etwas vereinbaren will. Es deutet vielmehr darauf hin, dass rechtzeitig der Schwarze Peter verteilt werden soll, falls es nicht zur wundersamen Rettung der Weltwirtschaft kommt. Nun haben die Deutschen wirklich nicht die beste Reaktionsfähigkeit. Und ganze Flügel ihrer Regierungsparteien hingen mit Haut und Haaren der Ideologie der Liberalisierung an. Aber die Frage, wofür genau die Billionen Steuergelder ausgegeben werden sollen und von wem die Kredite wieder zurückgezahlt werden, muss schon mitgedacht werden dürfen. Gerade die Japaner zum Beispiel haben in ihrer Wirtschaftskrise der 90er-Jahre mit sprichwörtlich sinnlosen "Straßen ins Nirgendwo" ihre Staatsverschuldung in die Höhe getrieben, ohne einen sichtbaren Effekt zu erzielen.

Es geht doch um kurzfristig wirksame Konjunkturmaßnahmen und langfristig vertrauensbildende Regelungen. Kurzfristig bedeutet, die armen Länder mit billigen Krediten davor zu bewahren, weiter in den Krisenstrudel der Reichen hineingezogen zu werden. Dafür stehen im Augenblick nur die viel kritisierten Organisationen Weltbank und Währungsfonds zur Verfügung. Sie sollten mit mehreren hundert Milliarden Dollar ausgestattet werden.

Langfristig müssen die Konsumenten den Eindruck haben, dass auch die Reichen zahlen und nicht nur deren Vermögen bei einer Finanzkrise mit Steuerbillionen entlastet werden. Also Steuerschlupflöcher stopfen, Steueroasen trockenlegen und dann die Steuern für die Vermögenden erhöhen, damit die Schulden bezahlt werden können. Dazu allerdings hört man von keiner Seite Überzeugendes.

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Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

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