Naziblätter dürfen gedruckt werden: Hitler kein Herausgeber

Die "Zeitungszeugen" dürfen laut Urteil des Münchner Landgerichts NS-Blätter aus der Zeit vor 1939 nachdrucken.

Ab 1939 bleibt's verboten: Unter dieser Auflage erlaubt das Gericht den Nachdruck der Naziblätter. Bild: dpa

BERLIN taz/ap So schnell konnten die Herausgeber der Zeitungszeugen dann doch nicht auf das Münchner Urteil in Sachen Völkischer Beobachter reagieren: Die gestern erschienene 11. Ausgabe der Nachdruckreihe mit Zeitungsfaksimiles der Jahre 1933 bis 1945 erschien mit den vom Rechtsstreit nicht betroffenen Westfälischen Landeszeitung und Germania von September 1934. Inhalt: die Reichsparteitage der NSDAP in Nürnberg und die Selbstinszenierung von Partei und Führer.

Das Landgericht München hatte am Mittwoch entschieden, dass vor 1939 erschienene Ausgaben von Völkischer Beobachter und Angriff nachgedruckt werden dürfen. Die Urheberrechte, mit denen der Freistaat den Nachdruck bisher verboten habe, seien abgelaufen. Damit unterlag Bayern vor Gericht teilweise mit dem Antrag, den Zeitungszeugen das Faksimilieren von NS-Blättern zu verbieten.

Bayern ist Rechtsnachfolger des NSDAP-eigenen Eher Verlags, in dem die Titel erschienen. Die Landesregierung, die dem Nachdruckprojekt aus inhaltlichen Gründen ablehnend gegenübersteht, nutzt das Urheberrecht als juristisches Hilfskonstrukt.

Nur für die Ausgaben ab 1939 sprach das Gericht dem Freistaat ein Verbotsrecht zu. Grundsätzlich sei das Urheberrecht aber nicht der richtige Weg, den Nachdruck zu verbieten, erklärte ein Gerichtssprecher.

Die Richter sahen in Hitler und Goebbels "aufgrund mangelnder schöpferischer Leistung" nicht die tatsächlichen Herausgeber der Zeitungen. Dadurch lag das Urheberrecht bei den Verlagen. Das aber bedeutet, dass das Urheberrecht 70 Jahre nach Ende des Erscheinungsjahres erlischt - und nicht erst 2015, 70 Jahre nach dem Tod von Hitler und Goebbels.

Das bayerische Finanzministerium kündigte an, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen, soweit sie den Nachdruck erlaube. Dagegen begrüßte es, dass das Gericht die Grundlagen für ein Verbot der nach 1939 erschienenen Werke bestätigt habe. Die Richter waren hier der Argumentation der Zeitungszeugen, dass ein Nachdruck als wissenschaftliches Zitat gerechtfertigt sei, nicht gefolgt. Angesichts der dünnen erklärenden Zusatzseiten der Zeitungszeugen gehe dies zu weit.

Zeitungszeugen-Herausgeber Peter McGee zeigte sich mit dem Urteil zufrieden. Er werde nun die Urteilsbegründung abwarten und prüfen, unter welchen Vorgaben sie Zitate für Ausgaben ab 1939 zulasse: "Wir erwarten hieraus keine wesentliche Beeinträchtigung." AP, STG

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