Kommentar Kinderbonus: Unfreiwilliges Väterexperiment

Je nach Betrachtung ist die Neuregelung beim Kinderbonus entweder eine parlamentarische Schlamperei - oder eine besonders fiese Methode, sich an der Ex zu rächen.

Wer ein Beispiel dafür erleben will, welche Folgen schlampige Arbeit der Parlamentarier hat, der muss sich nur den Streit um den Kinderbonus anschauen. 100 Euro einmaligen Kinderbonus für jedes Kind im April sieht das Konjunkturpaket II vor. Ganz gleich übrigens, ob die Familie oder der Alleinerziehenden-Haushalt Hartz IV bekommt oder nicht. Das ist bemerkenswert, denn normalerweise gehen Hartz-IV-EmpfängerInnen leer aus, wenn es etwa eine Erhöhung zum monatlichen Kindergeld gibt. Doch diesmal verabschiedete der Bundestag extra ein "Gesetz zur Nichtanrechnung des Kinderbonus". Nur leider achteten die Parlamentarier nicht darauf, die Nichtanrechnung des Kinderbonus auch auf die Unterhaltszahlungen getrennt lebender Väter auszudehnen - und das treibt nun viele Alleinerziehende auf die Barrikaden, eben gerade jene, die nicht von Hartz IV leben.

Geschiedene unterhaltsverpflichtete Väter (oder Mütter) können nämlich die Hälfte des Bonus, also 50 Euro, von ihrem Kindesunterhalt abziehen, sich also selbst ein bisschen subventionieren lassen durch das Konjunkturpaket. Nur die andere Hälfte von 50 Euro landet damit sicher im Haushalt, wo das Kind lebt. Beim monatlich gezahlten Kindergeld ist es auch so. Auch hier kann die Hälfte jeder Erhöhung, die dem getrennt lebenden Unterhaltsverpflichteten zusteht, mit dem entrichteten Pflichtunterhalt verrechnen werden. Also hätte man beim Kinderbonus eine Ausnahme machen müssen - so wie man eine Ausnahme bei den Hartz-IV-EmpfängerInnen machte. Die Ausrede des Bundesfamilienministeriums, der Zeitdruck hätte eine solche Differenzierung nicht erlaubt, zieht daher nicht.

Die Nachlässigkeit der Parlamentarier führt zu einem unfreiwilligen Großversuch: Gibt es tatsächlich so viele geschiedene Väter, die 50 Euro staatlichen Kinderbonus einfach einsacken? Gibt es wirklich keine Scham, die eine solch schnöde Selbstbereicherung verhindert? Väter, die das im April tun - die möchte man dann lieber nicht kennen. Es gibt wirklich andere Möglichkeiten, sich an der Ex zu rächen.

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Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

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