Neue Version von "Surface": Der PC im Tisch

Microsoft glaubt, dass die Zukunft der Rechentechnik in riesigen Bildschirmen liegt, die in Tischen integriert sind. "Surface" kommt nun in neuer Version auf den Markt.

Hier werden die Karten digital auf den Tisch gelegt. Bild: ap

Moderne Rechentechnik nutzt man üblicherweise auf dem Schreibtisch oder auch, etwas bequemer, in Form eines Laptops, den man sich auf den Bauch oder die Knie stellt. Beim Softwareriesen Microsoft glaubt man noch an eine dritte zukünftige Variante der Computerbedienung: Die in Form eines Tisches, dessen Oberfläche man in gesamter Breite alleine oder in kleinen Gruppen als berührungsempfindlichen Bildschirm nutzen kann.

Das Projekt mit dem Namen "Surface", dessen zweite Generation in dieser Woche auf der High-Tech-Konferenz "SXSW" im amerikanischen Austin vorgestellt wurde, verlangt dem Nutzer ganzen Körpereinsatz ab: Mit zwei Händen kann man Bilder bearbeiten, sich an Karten heranzoomen, malen, Videos betrachten oder eine virtuelle Tastatur bedienen. Die Technik kann sogar Gegenstände erkennen, die man auf dem Computertisch abstellt - so wird beispielsweise im Einzelhandel der Vergleich mehrerer ausgestellter Geräte möglich, deren Eigenschaften der Schirm dann nebeneinander präsentiert.

Die Idee zu Surface wurde erstmals 2007 vorgestellt. Seither hat Microsoft die erste Version des Tisches, die bis zu 10.000 Dollar pro Stück kosten konnte, unter anderem an Erlebnisrestaurants und Casinos in Las Vegas sowie Filialen von Einzelhandelsketten verkaufen können; Disney interessiert sich derweil für den Einbau in seine "Musterhäuser der Zukunft". Über 100 Firmen entwickeln laut Microsoft bereits an Anwendungen für den Computertisch. Einige davon konnte man bei der US-Präsidentschaftswahl im amerikanischen Fernsehen begutachten, wo sie unter anderem zur Darstellung der Wahlmännerverteilung verwendet wurden.

Die bei Surface zum Einsatz kommende Technik ist grundsätzlich nicht besonders kompliziert: Im Tisch selbst sitzt der Steuer-PC, der das Bild über einen Projektor auf die Rückwand der Oberfläche wirft. Dort sind mehrere Infrarotquellen sowie Kameras angebracht. Diese nehmen gleichzeitig bis zu 50 verschiedene Veränderungen in der Bildstruktur wahr, die durch das Auflegen von Händen oder Gegenständen erzeugt werden - der Benutzer interagiert mit einem unsichtbaren Infrarotfeld, das der Rechner ständig überwacht.

Das Prinzip hielten Hacker für so interessant, dass sie ihre eigene Surface-Variante schufen - und zwar nur wenige Wochen nach der Vorstellung durch Microsoft. Der Nachbau namens "Cubit" ist für Menschen mit etwas technischem Basiswissen zu Preisen von unter 1000 Dollar realisierbar. Besitzt man bereits einen PC, kommen nur noch ein billiger Projektor, eine Webcam mit Infrarotfilter und eine entsprechende Lichtquelle dazu. Software und Bauanleitung haben die Cubit-Macher ins Netz gestellt. Johnny Lee, Wissenschaftler an der Carnegie Mellon-Universität, hat unterdessen noch einen einfacheren Surface-Ableger entwickelt: Er bedient sich dazu dem ebenfalls mit Infrarottechnik arbeitenden Controller der Nintendo-Spielekonsole Wii.

Noch gelten Surface und Co. nur für die Warenpräsentation, die Kundenunterhaltung oder für inspirierte Bastelstunden als interessant. So macht man bei Microsoft derzeit noch keine Anstalten, an eine Endkundenversion des Computertischs zu gehen, Konkurrenten wie die junge Firma Perceptive Pixel, die eine Surface-artige berührungsempfindliche Wand vertreibt, finden ihre Kunden unterdessen vor allem bei Medien und dem Militär. Trotzdem sorgt die Technik bei Zufallsbenutzern stets für Begeisterung, ist eine derart natürliche Interaktion mit digitalen Inhalten mit bisherigen Eingabeinstrumenten wie Tastatur und Maus bislang doch völlig unmöglich.

Interessant dürfte werden, wie Apple auf einen möglichen Markterfolg von Surface reagiert. Dort hält man nämlich im Rahmen seines iPhone-Handys einige wichtige Patente in Sachen Berührungsempfindlichkeit. Multitouch genannt, gelten sie für die gleichzeitige Nutzung mehrerer Finger auf einem Bildschirm, was etwa das Aufziehen von Fotos erlaubt. Aus Rücksichtnahme auf diese Rechte lässt sich z.B. das Google-Handy "G1" derzeit nur mit jeweils einem Finger bedienen, vom iPhone bekannte Gesten beherrscht es nicht.

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