Kommentar Nato: Ein Rückschritt für den Frieden

Die Kritik französischer PazifistInnen und militärkritischer Teile der Linken an Frankreichs Rückkehr in die Nato ist berechtigt.

Beim Gipfel zum 60. Geburtstag der Nato Anfang April in Straßburg will Präsident Sarkozy die Rückkehr seines Landes in die militärische Integration und damit die Vollmitgliedschaft in der Allianz verkünden.

Die Kritik an diesem Schritt kommt aus zwei politischen Lagern - mit gegensätzlichen Analysen. Die größere Fraktion besteht aus EuropapolitikerInnen, die statt auf die Nato auf den Aufbau einer unabhängigen EU-Militärmacht möglichst unter französischer Führung setzen, sowie aus Links- wie Rechtsnationalen. Diese haben ihr Misstrauen oder gar kruden Antiamerikanismus auch nach der Ablösung des Kriegspräsidenten Bush durch die Lichtgestalt Obama nicht abgelegt. Diese Fraktion befürchtet, dass Frankreich sich mit der Rückkehr in die Nato-Mitgliedschaft "kollektiven Zwängen" unterwirft und unter verstärkten Druck der USA gerät. Doch diese Analyse ist falsch.

Tatsächlich verliert Frankreich keine seiner bislang schon bestehenden politischen wie militärischen Einflussmöglichkeiten und Handlungsoptionen, sondern gewinnt nur neue hinzu - innerhalb der Nato wie auch außerhalb. Die Atomstreitmacht "Force de frappe" bleibt unter ausschließlich französischer Kontrolle. Und als künftiges Vollmitglied der Nato kann die Pariser Regierung bei ihren unverminderten Bestrebungen zum Aufbau einer EU-Militärmacht leichter dem in Washington und einigen europäischen Hauptstädten immer wieder aufkeimenden Verdacht begegnen, es ginge ihr in erster Linie um eine Schwächung der transatlantischen Bindungen. Die Nato wird durch die militärischen Ressourcen, Kapazitäten und Erfahrungen der kriegs- und besatzungserprobten ehemaligen Kolonialmacht Frankreich gestärkt werden in ihrer weltweiten Interventionsfähigkeit - und -bereitschaft.

Deswegen ist die Kritik französischer PazifistInnen und militärkritischer Teile der Linken berechtigt. Ihre Bedenken werden auch nicht dadurch aufgewogen, dass Frankreich künftig vielleicht einmal eine von den USA gewollte Militärmission der Nato verhindert.

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Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.

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