Bundessozialgericht: Kinderwunsch für alte Paare teuer

Frauen über 40 müssen für ihre künstliche Befruchtung selbst bezahlen, bestätigt das Bundessozialgericht. Die CDU schlägt nun eine bundesweite Stiftung vor.

Befruchtungsmethode, wenn Spermien nicht schwimmen wie Michael Phelps. Bild: dpa

Gesetzliche Krankenkassen müssen keinen Zuschuss für künstliche Befruchtung zahlen, wenn die behandelte Frau älter als 40 Jahre ist. Diese Regelung hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel gestern in einem Urteil bestätigt. Die Richter wiesen die Klage einer heute 44-jährigen Frau aus Hamburg ab, die die gesetzliche Einschränkung für verfassungswidrig hält. Das BSG bestätigte damit die bisherige Rechtsprechung zum Thema. Die Argumentation des BSG: Es gehe nicht um eine Leistung aus dem Kernbereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Gesetzgeber dürfe pauschale Einschränkungen treffen.

Die umstrittenen Vorgaben gelten seit der Gesundheitsreform 2004. Seitdem zahlen die gesetzlichen Kassen bei künstlicher Befruchtung nur noch 50 Prozent der Behandlung für maximal drei Versuche. Die finanzielle Hilfe bekommen außerdem nur verheiratete Paare. Die Frau darf nicht jünger als 25 und nicht älter als 40 Jahre sein, der Mann nicht älter als 50. Die Einschränkungen zeigten 2004 sofort Wirkung: Die Zahl der Schwangerschaftsbehandlungen sackte von etwas über 100.000 im Jahr 2003 auf knapp 60.000 im folgenden Jahr ab. Der finanzielle Aufwand für die betroffenen Paare ist hoch. Gängige Methoden kosten zwischen 2.800 und 3.300 Euro pro Versuch - auf Privatrezept noch mehr. Und häufig sind mehrere Behandlungszyklen notwendig, bis eine Schwangerschaft eintritt.

Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht. Das musste auch die Hamburgerin feststellen, die vor dem BGS klagte: Die verheiratete Frau war bereits 40 Jahre alt, als sie bei ihrer Kasse eine Behandlung zur künstlichen Befruchtung beantragte. Als ihr der Zuschuss versagt wurde, zahlte sie selbst. Rund 12.600 Euro musste sie für zwei Versuche auf Privatrezept anlegen. "Für einen dritten Versuch hat es finanziell leider nicht gereicht", sagt ihre Anwältin Dörte Busch. Ein Kind hat die Frau noch immer nicht. Die Kasseler Richter verwiesen auf die Begründung für die Gesetzesänderung: die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung nehme bei Frauen schon ab 30 ab, jenseits des 40. Lebensjahres sei sie gering. Das Bundesgesundheitsministerium allerdings spricht heute gar nicht mehr über Erfolgsaussichten. Bei der Gesundheitsreform 2004 sei es darum gegangen, die Krankenkassen von "versicherungsfremden Leistungen" zu entlasten, heißt es dort. Zu Deutsch: Kinderkriegen ist Sache der Familienpolitik, dafür sollen nicht die Beitragszahler der Krankenkassen aufkommen.

Andere sehen das anders: Der Bundesrat forderte bereits Ende 2007, die Regelungen komplett zurückzudrehen. Die Linke im Bundestag forderte Ende Januar, die Kürzungen bei der künstlichen Befruchtung zurückzunehmen: Der Wille der Eltern solle entscheiden, nicht der Geldbeutel, heißt es in ihrem Antrag.

Unionspolitiker in den Ländern suchen unterdessen neue Wege: Hessens Sozialminister Jürgen Banzer schlug eine bundesweite Stiftung vor, die Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch finanziell unter die Arme greifen soll. Seine Kollegin in Sachsen, Christine Clauß, lässt seit Anfang März Zuschüsse aus Steuergeldern an betroffene Paare zahlen. Unterstützt werden der zweite bis vierte Versuch einer künstlichen Befruchtung - allerdings nur für Verheiratete und nur in den Altersgrenzen, die auch bei der Krankenkasse gelten.

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