Japans Finanzminister tritt zurück: Auf dem Gipfel gelallt

Shoichi Nakagawa benahm sich auf einer Pressekonferenz nach dem Treffen der G7-Finanzminister wie ein Besoffener. Jetzt nimmt er seinen Hut, beteuert aber, er habe nur zuviel Erkältungsmedizin genommen.

Shoichi Nakagawa hat mitten in der Wirtschaftskrise die Popularität der Regierung in den Bereich von Promillewerten sinken lassen. Bild: ap

TOKIO taz Er kam, lallte und ging: Nach seinem peinlichen Auftritt beim G-7-Treffen in Rom am Samstag ist Japans Finanzminister Shoichi Nakagawa zurückgetreten. Seinen Posten übernimmt der 70-jährige Wirtschaftsminister Kaoru Yosano, der damit zum Superminister aufsteigt. Trotz des schnellen Wechsels wird in Tokio über ein mögliches Aus auch für Premierminister Taro Aso spekuliert.

Bei der Pressekonferenz zum Gipfelabschluss am Samstag hatte Nakagawa einen betrunkenen Eindruck gemacht: Er konnte die Augen kaum offenhalten, artikulierte sehr schlecht und beantwortete Fragen, die an Notenbankchef Masaaki Shirakawa gerichtet waren. Premierminister Aso hatte sich zunächst vor seinen engen Vertrauten gestellt. Doch Opposition und Medien kritisierten Nakagawa heftig dafür, Japan auf internationaler Bühne bloßgestellt zu haben. Im Internet wurden Videomitschnitte des lallenden Ministers millionenfach aufgerufen. Der 55-Jährige hatte sich zunächst entschuldigt und sein Verhalten damit erklärt, zu viel Erkältungsmedikamente eingenommen und dazu "etwas am Weinglas genippt" zu haben. Nach seiner Rückkehr nach Tokio ließ er sich vom Arzt die Erkältung bescheinigen. Delegationsmitglieder erklärten, der Minister hätte nichts getrunken. Aber in Parteikreisen ist schon lange bekannt, dass Nakagawa gerne zu tief ins Glas blickt.

Der Politiker gehört innerhalb der regierenden Liberaldemokraten zu einer Gruppe von Rechtskonservativen, die Japan von der Kriegsschuld reinwaschen und den Nationalstolz wiederherstellen wollen. Nun wurde er selbst zur Schande für die Nation - schon deshalb war sein Rücktritt unausweichlich. Zunächst wollte der 55-Jährige erst nach der Verabschiedung des neuen Haushalts seinen Hut nehmen. Doch er hatte den Druck aus der eigenen Partei unterschätzt. Sie fürchtete, ein Festhalten an Nakagawa würde die Verhandlungen mit der Opposition über das zweite Konjunkturpaket, das derzeit im Oberhaus festsitzt, unnötig belasten. Selbst wenn er wirklich nur zu viel Medizin genommen hatte - seine Neigung zum Alkoholismus war nun kein Geheimnis mehr. Als Finanzminister war er nicht mehr tragbar. Nach einem Gespräch mit dem Premierminister trat Nakagawa mit sofortiger Wirkung zurück und wollte danach ins Krankenhaus gehen.

Sein Fehltritt könnte der schwer angeschlagenen Regierung von Aso den Todesstoß versetzen. Der 67-Jährige ist in der Gunst der Wähler seit seinem Amtsantritt im September stetig abgestürzt. Nach der jüngsten Umfrage sind weniger als 10 Prozent der Japaner mit ihm zufrieden, vielen unternimmt er zu wenig gegen die Rezession. Der Antrittsbesuch von Außenministerin Hillary Clinton sollte Aso frischen Glanz verleihen. Sie lud Aso exklusiv nach Washington ein: Er soll die Ehre bekommen, als erster ausländischer Regierungschef Obama am nächsten Dienstag zu treffen. Trotzdem gelten Asos Amtstage als gezählt, seitdem sein Vorgänger Junichiro Koizumi seine Wirtschaftspolitik als "lachhaft" abgetan hat.

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