streit um flugrouten: Fluglärm-Streit vertagt

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt eine Kommission die Verteilung des Fluglärms über Bremen. Trotz des klaren Bürgerschaftsbeschlusses wurde die "lärmoptimierte Route" blockiert.

Welchen Weg soll der Fluglärm nehmen? Bremens Stadtteilpolitiker streiten darüber weiterhin. Bild: DPA

Eine gute Stunde lang hat die "Fluglärmkommission" gestern streng vertraulich getagt, um über den Streit zwischen Obervieland und Hemelingen um die Abflug-Route des Flughafens zu beraten - ohne Ergebnis. Das Thema, so scheint es, ist nicht kompromissfähig. Obwohl es einen einstimmigen Beschluss der Bürgerschaft gibt, nach dem die "lärmoptimierte" Flugroute gewählt werden sollte, die die Hemelinger etwas entlasten würde, hat die Fluglärmkommission das Thema vertagt. Die Fluglärmkommission habe festgestellt, berichtete der Vorsitzende Ingo Funck, das vom Petitionsausschuss in Auftrag gegebene Gutachten könne eine Korrektur der Abflug-Linien "nicht rechtfertigen". Unklar sei, "wo und in welchem Umfang sich die Betroffenheiten verändern würde". Zwei weitere Expertisen sollen eingeholt werden, dann will sich die Kommission erneut mit der Frage befassen.

Angezettelt hat den neuen Streit um die alte Frage der Fluglärm-Linien der Hemelinger Günter Rudolf, der zum zweiten Male mit einer Petition gegen die Abflug-Route Einspruch erhob. Der Petitionsausschuss schaltete als Gutachter die Deutsche Flugsicherung ein - und die gab dem Beschwerdeführer Recht. Einstimmig schloss sich die Bürgerschaft am 22. 1. 2009 dem Votum des Petitionsausschusses an: Der derzeitige Wendepunkt, an dem die gen Osten startenden Flugzeuge nach Süden abdrehen (2,8 nautische Meilen vom Flughafen entfernt) ist nicht der unter Lärmgesichtspunkten optimale, eine frühere Wende etwa nach 2,5 Meilen wäre besser. Mehr belastet würden dann die Anwohner in Habenhausen und Weyhe.

Zwei waren bei der Abstimmung in der Bürgerschaft nicht dabei: Die CDU-Abgeordnete Sandra Ahrens und der SPD-Abgeordnete Winfried Brumma aus Obervieland. Beide hätten, wenn sie dabei gewesen wären, gegen ihre Fraktionen gestimmt.

Der Streit tobt seit Jahren, und für Günter Rudolf aus Hemelingen ist die Sache klar: Die "Fluglärmkommission" ist nicht neutral und entscheidet nicht nach dem fachlichen Gesichtspunkt, welche Route am wenigsten Menschen mit Lärm belästigt, sondern sie ist parteilich - allen voran der Vorsitzende Ingo Funck, der hauptberuflich Ortsamtsleiter von Obervieland ist und qua Amt die Interessen seines Stadtteils vertreten muss. Und nicht die von Hemelingen.

Als im Beirat Obervieland vor einer Woche das Thema aufgerufen wurde, da forderte der Hemelinger CDU-Politiker Volkhart Sachse sogar, dass die Flugroute wieder - wie in den Jahren nach 1995 - ganz über Hemelingen laufen soll. Das sei eine Reaktion auf die "absurden Vorwürfe gegen Herrn Funck", erklärt er.

Nach den Feststellungen der Experten ist die jetzt aus Hemelingen geforderte Route diejenige, die am meisten Lärmbelästigung bedeutet, sagt Monika Morschel, die Vorsitzende der Vereinigung zum Schutz Fluglärmgeschädigter (VSF). 1995 hatte Siegmund Eibich, damals Ortsamtsleiter in Obervieland, in seiner Doppelfunktion als Vorsitzender der Fluglärmkommission die Verlegung des Fluglärm-Route gen Hemelingen durchgesetzt - die Hemelinger erfuhren es aus der Zeitung. Versuche, diese Entscheidung zu korrigieren, wurden jahrelang von der Fluglärmkommission blockiert. Schließlich wurde ein Gutachten bei der Deutschen Flugsicherung in Auftrag gegeben, um die Lärmbelastung zu berechnen. Was bis vor wenigen Wochen niemand wusste: Die alte Flugroute (mit Drehpunkt 2,5) sollte damals ausdrücklich nicht in den Vergleich einbezogen werden. Das ist erst durch die Beratungen im Petitionsausschuss ans Licht gekommen. "Mich haben die auch hinters Licht geführt", räumt Fluglärm-Gegnerin Morschel ein.

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