Kommentar Firmen-Datenschutz: Spitzeln schwerer gemacht

Was bei der Überwachung von Mitarbeitern erlaubt ist, spielt sich in einer juristischen Grauzone ab. Deshalb ist überfällig, dass nun ein Gesetz zum Schutz der Arbeitnehmerdaten kommen soll.

So billig der Ruf nach strengeren Gesetzen ist, wenn die Bahn Daten fast aller ihrer MitarbeiterInnen erhebt oder Lidl Kassiererinnen filmt - in diesen Fällen ist er völlig richtig. Denn beim Spitzeln ertappte Firmenchefs haben in Deutschland bisher eine tolle Ausrede: Was bei der Überwachung von Mitarbeitern erlaubt ist und was nicht, spielt sich in einer juristischen Grauzone ab. Der schwammig formulierte Paragraf im Bundesdatenschutzgesetz ermöglicht misstrauischen Geschäftsführungen diverse Formen der Datenerhebung, er stellt zu viel der Abwägung des Unternehmens anheim. Daneben existiert ein Flickenteppich von Betriebsvereinbarungen, der längst nicht alle Beschäftigten vor Spähattacken schützt.

Deshalb ist längst überfällig, was die Bundesregierung jetzt auf den Weg bringt: ein eigenes Gesetz zum Schutz der Daten von Arbeitnehmern. Es bringt allen Seiten Klarheit: Geschäftsführungen, die ein berechtigtes Interesse haben, ihr Unternehmen vor Diebstählen oder Korruption zu schützen; und ArbeitnehmerInnen, die nicht zu Unrecht unter Generalverdacht gestellt werden wollen. Ein detailliertes Gesetz wird zudem eher der Vielfalt des modernen Datenschutzes gerecht. Denn auch wenn über alles mit ähnlicher Aufgeregtheit diskutiert wird: Es ist eben etwas anderes, ob sich Firmen vorab über BewerberInnen informieren, ob sie Mitarbeiter im Pausenraum filmen wie Lidl oder ob sie Adressdaten mit denen von Lieferanten abgleichen wie die Bahn.

Eines muss jedoch klar sein: Ein faires Miteinander im Betrieb lässt sich nicht gesetzlich regeln, und etliche Spähattacken sind lediglich Symptom einer neoliberalen Unternehmenskultur. Anders gesagt: Es ist kein Zufall, dass Spitzelskandale in Unternehmen vorkamen, die auf ausbeuterische Geschäftsmodelle setzen. Mancher Discounter, der seine Filialen unterbesetzt, Kassiererinnen radikal schlecht bezahlt und ihnen ein zu hohes Arbeitspensum verordnet, wird auch in Datenschutzfragen kaum Arbeitnehmerrechte anerkennen. Selbst wenn diese in Zukunft noch genauer gesetzlich definiert sind.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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