Prestige-Museen in Dubai und Abu Dhabi: In den Sand gesetzt

Wie stark beeinträchtigt die Finanzkrise die großspurigen Kunstpläne der Scheichtümer am Golf? Bei einer Projektvorstellung in Berlin tauchen Zweifel über den Sinn der Bauten auf.

Gewagt und teuer: Louvre-Modell für das Emirat Abu Dhabi. Bild: dpa

Es war wie eine Freudsche Fehlleistung, was da für wenige Momente auf der Leinwand in der Staatsoper Unter den Linden zu sehen war. Wieder einmal wurden am Sonntag in Berlin die spektakulären Kulturprojekte in Abu Dhabi und Dubai vorgestellt, wieder einmal trat Thomas Krens vom Guggenheim Museumskonzern als führender Sozialingenieur dieses Experiments auf.

Da tauchte auf seiner Folie die Überschrift "Constriction Status" auf. Richtig wäre wohl "Construction Status" gewesen, denn Krens sprach von dem aktuellen Stand der Bauarbeiten seines Guggenheim Abu Dhabi von Frank Gehry. Doch so wurde aus dem "Stand der Konstruktion" ein "Stand der Beschränkung" - Durchhalteparolen und Pleiteszenarien für die milliardenteuren Prestigebauten am Persischen Golf liegen derzeit wohl nur Millimeter voneinander entfernt.

Viele gehen davon aus, dass die Wirtschaftskrise die Vereinigten Arabischen Emirate zu Abstrichen zwingen wird. Der Kulturdirektor von Dubai, der Deutsche Michael Schindhelm, sagte bereits, dass das dort geplante Theaterzentrum von Zaha Hadid bereits beeinträchtigt sei, ebenso das geplante Zentrum für Moderne Kunst aus dem Mittleren Osten. Abu Dhabis wichtigster Kulturfunktionär, Zaki Anwar Nusseibeh, schloss auf Nachfrage dieser Zeitung einen Aufschub der Projekte in seinem Emirat dagegen aus. "Es ist ein ausdrücklicher Wunsch der Regierung, dass alles wie geplant gebaut wird", so Nusseibeh.

Das Guggenheim und der Louvre (von Jean Nouvel) sowie das Scheich Zayed Nationalmuseum (von Norman Foster) kämen voran wie geplant, später würden der Theaterkomplex von Zaha Hadid und das Maritimmuseum (Tado Ando) folgen. Als erstes Bauwerk soll im September eine Brücke von Hadid zwischen der Hauptstadt Abu Dhabi und der Kulturinsel Saadiyat eingeweiht werden. Doch ihre kühn geschwungenen Pfeiler haben kaum erste Gestalt angenommen, wie die Architektin auf dem Podium in der Staatsoper anmerkte. Nusseibeh gestand schließlich zu, dass der Brückenbau etwas langsam vorankomme.

Überhaupt war es der einzigen Frau und irakischstämmigen Architektin vorbehalten, die "Great Business as usual"-Haltung der Staatsoperdiskussion zu stören. Zum Beispiel, als Schindhelm die kulturpolitische Partnerschaft von Abu Dhabi und Dubai beschwor. Dubais vorwiegend auf Handel, Tourismus und Bau basierender Boom lahmt, und man wird bald auf die Hilfe des ölreichen Nachbarn angewiesen sein. Prompt erinnerte Hadid, dass die Bauvorhaben in beiden Emiraten sowie im ebenfalls benachbarten Katar (mit seinem Museum für islamische Kunst von I. M. Pei) einst aus ihrem Konkurrenzwettbewerb hervorgingen.

Als Nusseibeh die segensreiche Wirkung von Kunst und Theater auf die Entwicklung der Zivilgesellschaft beschwor, entgegnete sie kalt, sie sei sich dessen nicht so sicher: Oft dienten die Künste eben nur für das Schaufenster. Thomas Krens erklärte, das Guggenheim Abu Dhabi werde zum internationalen Durchbruch der jungen arabischen Kunst beitragen, indem es ein "anspruchsvolles Marktumfeld" für die Künstler und Institutionen schaffe. Da unterbrach ihn Hadid: "Es bedeutet aber auch, dass ihre Arbeit kommerzialisiert wird."

Der Kunstszene im Nahen Osten hat die starke Visionärin damit aus dem Herzen gesprochen. Denn diese hat auf einer eigenen Konferenz letzte Woche in London deutlich gemacht, wie zwiespältig sie den Aufmarsch der westlichen Kulturmanager und Präsentationsformate am Golf sieht. Immerhin ist es Krens gelungen, wichtige Repräsentanten wie Jack Persekian von der Al Mamal Stiftung aus Ostjerusalem, Abdul Raheem-Sharif von der Galerie The Flying House in Dubai, Christine Tohme vom Kunstverein Ashkal Alwan und William Wells von der Townhouse Gallery in Kairo als Berater und potenzielle Programmmacher zu gewinnen.

Doch die Umworbenen wissen genau, dass sie damit zum Alibi des Unternehmens werden und mit den Worten von Krens vor allem "als Quelle einer starken Authentizitätsebene" dienen sollen. In London hatten die jungen arabischen Macher betont, an einer gemeinsamen Strategie gegen das Dilemma zu arbeiten. In Berlin wurde einmal mehr deutlich, wie nötig das ist.

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