Wen Jiabao auf Staatsbesuch: China mag Deutschland wieder

Erste Berlinreise von Chinas Regierungschef Wen Jiabao nach Merkels Treffen mit dem Dalai Lama. Im Mittelpunkt steht die Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Am Mittwoch hielt Chinas Regierungschef Wen Jiabao auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos einen Vortrag. Bild: ap

BERLIN taz Während die Chinesen wegen des Frühlingsfestes gerade ihren wichtigsten Urlaub verbringen, hetzt ihr Regierungschef eine Woche durch fünf Länder Europas. Vom Weltwirtschaftsforum in Davos kommend wird Wen Jiabao am Donnerstag in Berlin den Bundespräsidenten, die Kanzlerin, den Außen- und Wirtschaftsminister sowie Geschäftsleute treffen. Regierungskreise sind über Wens intensiven Kurzbesuch erfreut. Denn er signalisiert eine Normalisierung nach Angela Merkels umstrittenen Treffen mit dem tibetischen Dalai Lama im September 2007.

Dafür meidet Wen jetzt demonstrativ Frankreich. "Es ist auffällig, dass er mit Besuchen in der Schweiz, Deutschland, Belgien, Großbritannien und Spanien geradezu einen Bogen um Frankreich macht", sagt Gudrun Wacker, China-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, zur taz. Hatte Peking nach Merkels Treffen mit dem Dalai Lama die offiziellen Kontakte zu Deutschland eingefroren und zugleich mit Frankreich gute Geschäfte gemacht, ist das jetzt umgekehrt. Weil Präsident Nicolas Sarkozy wie ein Jahr zuvor Merkel wagte, den Dalai Lama zu treffen, sagte Peking auch den im Dezember in Lyon geplanten EU-China-Gipfel ab. Sarkozy war damals EU-Ratspräsident.

Doch während das noch nicht zum Kotau bereite Frankreich weiter abgestraft wird, zeigt Peking wieder Interesse an Europa. Wens Besuch der EU-Kommission in Brüssel ist eine Rückversicherung bei den Europäern. Denn Chinas Regierung weiß noch nicht, was sie von dem neuen Präsidenten in Washington halten soll. Peking ist von Barack Obama verunsichert. Vorwürfe, Peking erziele seine großen Handelsüberschüsse durch Währungsmanipulationen, haben zur ersten Missstimmung geführt.

In Berlin wird sich zeigen, ob die Bundesregierung nicht nur die Ein-China-Politik betont, sondern auch wieder mit einer Stimme spricht. Beim Streitfall Dalai Lama war der Außenminister der Kanzlerin noch in den Rücken gefallen. Doch jetzt dürfte Frank-Walter Steinmeier von Wen dafür kritisiert werden, Uiguren aus Guantánamo in Deutschland aufnehmen zu wollen. Diese muslimischen Chinesen sind aus Pekings Sicht trotz anderslautender US-Berichte Terroristen und gehörten allein in chinesische Gefängnisse. Tibet-Unterstützergruppen fürchten derweil, dass die Repression in der Himalajaregion für deutsche Regierungsvertreter diesmal kein Thema sein wird, für das sie Streit riskieren werden.

Im Mittelpunkt steht vielmehr die Finanz- und Wirtschaftspolitik, die Betonung der gegenseitigen Kooperationsbereitschaft und eine Annäherung in Klimafragen. Peking fürchtet angesichts der Wirtschaftskrise protektionistische Tendenzen in Europa und betont, dass es auch für die Industrieländer am besten sei, wenn Chinas Wirtschaft weiter kräftig wachse. Damit ist es nämlich gerade vorbei. Umgekehrt erwarten die Deutschen, dass Peking europäische Firmen nicht diskriminiert. "Die Botschaft an Wen sollte sein, dass bei Chinas Konjunkturprogramm Firmen aus anderen Ländern nicht benachteiligt werden dürfen," sagt Fridolin Strack, Geschäftsführer des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, zur taz.

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