Kritische Situation in Gaza: Der Waffenstillstand wackelt

Israels Luftwaffe bombardiert Schmuggeltunnel, und die Hamas schießt erneut Raketen ab. Der US-Gesandte Mitchell ist auf seiner Nahostreise nur bedingt willkommen.

Der Waffenstillstand ist so durchlöchert wie dieses Haus in Gaza. Bild: reuters

JERUSALEM taz Trotz der beiden unilateralen Waffenstillstandserklärungen und trotz intensiver internationaler Bemühungen kommt der Gazastreifen nicht zur Ruhe. Als Reaktion auf den Bombenanschlag am Grenzübergang Kissufim, wo am Dienstag ein Soldat getötet wurde, griff die israelische Luftwaffe mehrere Schmuggeltunnel in der geteilten Grenzstadt Rafah an. Zahlreiche Palästinenser flüchteten aus ihren Häusern. Ein Guerillakämpfer war schon am Vortag bei einem Luftangriff ums Leben gekommen. Israels Regierungschef Ehud Olmert kündigte weitere mögliche Angriffe an.

Am Mittwoch schossen die Islamisten im Gazastreifen die erste Rakete seit Kriegsende auf Israel ab. George Mitchell, US-Sonderbeauftragter für den Nahen Osten, appellierte nach Gesprächen mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak an beide Seiten, den Waffenstillstand zu festigen.

Israel und die Hamas verhandeln mithilfe ägyptischer Vermittlung indirekt über die Bedingungen für einen langfristigen Waffenstillstand. Israel fordert, den Waffenschmuggel durch die Tunnel zwischen Ägypten und dem Gazastreifen zu beenden. Die Hamas drängt auf eine Öffnung der Grenzen.

Parallel zu den Waffenstillstandsverhandlungen treffen sich Delegationen von Fatah und Hamas zu Gesprächen über eine innerpalästinensische Aussöhnung. Die Hamas gerät unter zunehmenden Druck, an beiden Fronten Kompromissen zuzustimmen, um so den Beginn des Wiederaufbaus der zerstörten Infrastruktur in Gaza zu ermöglichen. "Wir müssen die Versöhnung beschleunigen, weil die Geberländer sonst kein Geld für Gaza bereitstellen", appellierte Assam al-Achmad, Delegierter der Fatah, in Kairo.

"Was wir wollen, ist bei dem Wiederaufbau Gazas helfen, aber nicht beim Wiederaufbau der Hamas", resümierte der israelische Staatspräsident Schimon Peres gegenüber dem EU-Außen- und Sicherheitsbeauftragten Javier Solana. Solange die Hamas die alleinige Kontrolle über den Gazastreifen hat, wäre die Finanzierung nur mithilfe der Vertretungen internationaler Hilfsorganisationen denkbar. Voraussetzung ist jedoch, dass Israel der Lieferung von Baumaterial zustimmt und dass die Hamas die Waffenruhe wahrt.

US-Außenministerin Hillary Clinton bedauerte in ihrer ersten Pressekonferenz seit der Vereidigung, dass die "Hamas-Führung offenbar der Auffassung ist, es sei in ihrem Interesse, Israels Recht der Selbstverteidigung zu provozieren, anstatt eine bessere Zukunft für die Menschen in Gaza aufzubauen".

Vorläufig halten die USA an ihrem Boykott der Islamisten fest. Der US-Sonderbeauftragte reist nicht nach Gaza. In Israel trifft Mitchell sowohl mit der politischen Führung als auch mit den Chefs der Sicherheitsdienste zusammen, in Ramallah will er an diesem Donnerstag mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Premierminister Salam Fayyad über eine Fortsetzung der Friedensverhandlungen beraten, bevor er anschließend in die jordanische Hauptstadt Amman weiterreist.

In Israel wird die Mission Mitchells knapp zwei Wochen vor den Parlamentswahlen unterschiedlich bewertet. "Er hat absolut keine Chance", sagte der rechtsnationale Avigdor Lieberman, Chef der Partei Israel Beiteinu, und bezog sich damit auf die in Israel bestehende Sorge, die neue US-Regierung werde stärkeren Druck ausüben, um den Siedlungsbau zu beenden.

Der Vorsitzende der Nationalen Union" Jakob Katz, kritisierte den Besuch Mitchells als "Einmischung in die bevorstehenden Wahlen".

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