Behauptung von Web-Plattform "Wikileaks": Die angebliche E-Mail vom BND-Chef

Die umstrittene Aktivisten-Seite "Wikileaks" fühlt sich vom BND bedrängt. Geheimdienst-Chef Uhrlau habe sie per E-Mail aufgefordert, zwei Beiträge zu löschen.

Hat er oder hat er nicht? Der BND gibt keinen Kommentar dazu ab, dass sein Chef Ernst Uhrlau E-Mails an Wikileaks verfasst hat. Bild: reuters

BERLIN taz Die Betreiber der Internetseite "Wikileaks", die geheime Informationen anonym der Öffentlichkeit zugänglich macht, behaupten, mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) aneinander geraten zu sein. BND-Chef Ernst Uhrlau habe sie per E-Mail aufgefordert, zwei Beiträge mit BND-Bezug auf ihrer Seite zu löschen. Über diese Behauptung berichtete der News-Dienst "heise online". Auf "Wikileaks" ist die angebliche E-Mail des BND zu lesen.

Anlass soll nach Angaben von "Wikileaks" eine Analyse des US-Journalisten Tom Burghardt sein. Darin geht es unter anderem um die drei BND-Mitarbeiter, die im Zusammenhang mit dem Anschlag auf ein EU-Gebäude im Kosovo in die Schlagzeilen geraten waren. Deren Rolle bei den Ereignissen ist für die Öffentlichkeit noch immer unklar. Der Text auf Wikileaks geht den Aktivitäten des BND im Kosovo nach. Zum Download bereit steht eine Datei, die angeblich einen vertraulichen BND-Bericht über die mutmaßlichen Verstrickungen des aktuellen kosovarischen Ministerpräsidenten mit der organisierten Kriminalität enthält.

Wikileaks ist eine Seite, die technisch ähnlich aufgebaut ist wie die Online-Enzyklopädie "Wikipedia". Anders als beim Internetlexikon werden die Artikel auf "Wikileaks" jedoch von einer Redaktion kontrolliert. Dafür sind die Inhalte in der Regel brisanter. "Wikileaks" bietet eine Plattform, um sensible Informationen auch ohne Namensnennung öffentlich zugänglich zu machen. Immer wieder gerät die Seite mit der Veröffentlichung von strittigen Dokumenten in die Medien.

Auch die jüngste für den BND provokante Veröffentlichung durch "Wikileaks" ist noch gar nicht so lange her. Erst im November sorgte die Publikation von IP-Adressen von mutmaßlichen BND-Computern für Aufsehen. Auch im August gab es bereits Ärger. "Wikileaks" stellte damals fehlende Seiten des sogenannten "Schäfer-Reports" ins Netz. Beim "Schäfer-Report" ging es um die Bespitzelung von deutschen Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst. Der ehemalige Bundesrichter Gerhard Schäfer erstellte 2006 für das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages einen Bericht über die zum Teil rechtswidrigen BND-Aktivitäten.

Die Aktivisten von "Wikileaks" fragen sich nun, auf welcher Basis Geheimdienst-Chef Uhrlau seine angebliche Forderung stellen könnte. Zwar habe die Seite auch einen deutschen Ableger, aber der rechtliche Einfluss des BND dürfte außerhalb Deutschlands gering sein, heißt es in einer Pressemitteilung. "Wikileaks" geht deswegen in die Offensive: „Der BND hat offensichtlich nichts gelernt aus dem 'Schäfer-Report' des Bundestages im Jahr 2006, der die illegalen BND-Versuche verurteilt, die deutsche Presse zu beeinflussen“, schreiben die Aktivisten.

Von Seiten des BND war auf Anfrage der taz keine Stellungnahme zu bekommen. Zwar habe man die eingestellten Artikel auf Wikileaks zur Kenntnis genommen. Der Pressesprecher teilte jedoch mit, dass der BND weder ein generelles Interesse an der Webseite noch an den darauf entfalteten publizistischen Aktivitäten habe. "Wikileaks" hingegen hat am Dienstag den vermeintlichen E-Mail-Verkehr mit dem BND veröffentlicht. Allerdings ist daraus nicht ersichtlich, ob die Mails tatsächlich echt sind.

Nicht nur in Deutschland, auch in den USA sorgt Wikileaks immer wieder für Aufsehen. Erst vergangene Woche hatte das Internet-Magazin "Wired" in seinem Blog "Danger Room" darüber berichtet, dass auf Wikileaks ein mutmaßlicher geheimer Militärbericht veröffentlicht worden war. Gegenstand des Berichts war die Funktionsweise von Störsendern gegen per Funk ferngezündete Bomben. Kommentatoren und Blogger stellten in diesem Zusammenhang die Frage, ob wirklich jede geheime Information an die Öffentlichkeit geraten darf. Wenn Terroristen anhand des Berichtes Störsender umgehen könnten, würde dadurch das Leben von Soldaten gefährdet werden.

Wikileaks-Mitbegründer Julian Assange gibt auf "Danger Room" dazu eine klare Antwort. Er sieht seine Seite als "faires und unparteiisches" Medium zur Verbreitung von Informationen. Der erschienene Bericht werde laut Assange nicht das letzte angeblich geheime Material auf Wikileaks sein. So wird es sich wohl auch mit dem jüngsten BND-Artikel verhalten.

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