Fußballkonferenzschaltung im Internet : Die Rasen-Revolution

90elf.de, Deutschlands erstes Fußball-Webradio, ist noch kein Jahr alt, will aber schon die Großen der Branche ärgern. Falsche Bescheidenheit ist out.

Das Webradio elf90.de aus Leipzig hat noch viel vor. Bild: screenshot http://90elf.de/

LEIPZIG taz Es ist der erste Tag der Rückrunde, der Montag nach dem 17. Spieltag. "Trainingslager steht jetzt auf dem Programm", sagt der Manager und kippelt mit seinem Bürostuhl. Und dann sagt er auch noch diesen Satz: "Unser Ziel ist die Meisterschaft." Wumms.

Doch es ist nicht Ralf Rangnick, der da spricht, der oft vorlaute Trainer der TSG 1899 Hoffenheim. Und auch nicht der Manager des Herbstmeisters der Fußball-Bundesliga, Jan Schindelmeiser. Der Mann, der da kaum vorsichtig in Richtung Meisterschale formuliert, heißt Florian Fritsche, ist 34 Jahre alt und von Beruf Geschäftsführer der Regiocast Digital, dem Veranstalter von 90elf.de, des ersten und bislang einzigen Fußballradiosenders hierzulande.

Seit dem 13. August versucht er mit seinem Team die Großen der Branche mit einem Programm zu ärgern, das sich um nichts anderes dreht als Fußball, Fußball, Fußball. Und das auch noch im Internet.

Doch was läuft zwischen den Spieltagen, an Wochenenden wie diesem zum Beispiel, in der ach so fußballfreien Zeit? Dann stellt die mannschaftsgroße Redaktion ein Programm aus leicht verdaulicher Musik, launigen Mitmach-Rubriken wie "Alle gegen Günther" (Koch, der Star unter den 90elf-Kommentatoren und ehemals für die ARD tätig) sowie Nachrichten von außerhalb der Fußballwelt zusammen.

So etwas hatte es bis zu dieser Saison noch nicht gegeben. "Wir haben hier alle einen Forschungskittel an", sagt Fritsche. Sein Blick wandert auf das vorweihnachtliche Treiben in der Leipziger Fußgängerzone, die vier Etagen unter seinem Bürofenster mit einer einzigen Menschenwurst gefüllt ist. Bewusst hatte sich die Regiocast Digital, deren Mutter Regiocast an diversen klassischen privaten Dudelfunkern beteiligt ist, für den Standort Leipzig entschieden, obwohl fußballerisch dort so gar nichts zu holen ist. Wie in Hoffenheim einst. Dachten viele. Doch dann kam "Professor Rangnick". Der Rest der Geschichte ist bekannt.

Professor Fritsches kleine Forschungsgruppe experimentiert mit einem Konzept, das so einfach wie innovativ ist: Alle Spiele der ersten und zweiten Liga werden sowohl einzeln als auch in einer Konferenz übertragen. Alle Beiträge stehen direkt nach ihrer Ausstrahlung zum Nachhören im Netz, nicht etwa als MP3-Datei zum Download, sondern integriert in eine etwas schwerfällige, weil technisch hoch anspruchsvolle Flash-Seite. Das überfordert besonders ältere Computer.

Zum Start der Rückrunde am 30. Januar werde die Seite daher technisch überholt an den Start gehen, verspricht Florian Fritsche. Fernziel des Senders aber sei, "ins Auto zu kommen", wo sich viele der potenziellen Hörer heute noch mit der guten, alten Konferenzschaltung der dritten Programme begnügen müssen. Und natürlich hat Fritsche auch den Handymarkt im Blick: "Ich höre manchmal mit meinem DVBT-Handy unsere Konferenz. Das klappt ganz wunderbar!" Problem dabei ist nur: Es gibt in Deutschland bisher genau eine Firma, die eines dieser Telefone anbietet.

Überhaupt ist der Übertragungsweg bislang die einzige wirklich große Baustelle bei 90elf. Medienpolitik und starre Nutzungsgewohnheiten funken den naiv-visionär wirkenden Plänen von Regiocast Digital noch oft genug dazwischen. Immerhin klinken sich aber 30 Prozent der 90elf-Hörer inzwischen mittels eines WLAN-Radios in das Programm ein. Zwischen 150.000 und 200.000 sogenannte Hörerkontakte erzielt der Sender insgesamt an den Spieltagen, die von Freitag bis Montag gehen. Künftig können sich die 90elf-Macher vorstellen, zudem die Spiele unter der Woche abzugreifen: DFB-Pokal, Uefa-CUP, eventuell ausländische Ligen. Von Champions League spricht Fritsche noch nicht. In Hoffenheim tut das ja auch noch niemand.

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