Neuer Ärger bei der "Berliner Zeitung": Konkurrenzblatt kommt später

Die Redaktion der "Berliner Zeitung" rebelliert gegen ihren Chef. Folge: Die Frühausgabe musste ausfallen.

Schöne Bescherung kurz vor dem vierten Advent bei der Berliner Zeitung: Am Donnerstagabend konnte die Frühausgabe des Blattes nicht erscheinen. Der Grund war nicht etwa fehlerhafte Technik, sondern vielmehr das, was Chefredakteur und Geschäftsführer Josef Depenbrock der Redaktion am Morgen mitgeteilt hatte: Aus den Online-Plänen des Hauses wird mal wieder nichts. Ursprünglich sollte der Internet-Auftritt künftig vor allem von den acht noch verbleibenden RedakteurInnen der Netzeitung mit bestritten werden, die seit 2007 Teil des Unternehmens ist. Doch von diesen acht sollen, so Depenbrock, nun noch einmal die Hälfte entlassen werden.

Da Depenbrock angekündigt hat, zum Fest der Liebe auch die letzten 15 freien Mitarbeiter der Netzeitung an die Luft zu setzen, müssen künftig die Redakteure der Print-Ausgabe offenbar auch die Netzeitung bestücken. Das kam am Donnerstag gar nicht gut an: Viele RedakteurInnen trollten sich zu ausführlichen Beratungen mit dem Betriebsrat. Folge: Die Frühausgabe der Berliner Zeitung, die normalerweise ab dem Abend in Kneipen und U-Bahnhöfen angeboten wird, fiel aus. Dies war zuletzt 2006 der Fall - als der höchst umstrittene Depenbrock sein Amt als Chefredakteur antrat.

Berliner Zeitung und Netzeitung gehören wie Kurier und Tip zum Mecom-Konzern des britischen Finanzinvestors David Montgomery. Der hatte ursprünglich den Ausbau der Online-Aktivitäten als künftige Unternehmensstrategie propagiert, Netzeitungs-Redaktionsleiterin Domenika Alrichs rückte sogar in die Chefredaktion der Berliner Zeitung auf. Doch da war sie schon bald eine Königin ohne Reich: Dass der Online-Bereich der Berliner Zeitung jedenfalls weder sofort noch mittelfristig wie eigentlich geplant ausgebaut werde, hatte Depenbrock schon im Sommer zugeben müssen.

Bis Donnerstagabend versuchte der nun, die Zweifel seiner RedakteurInnen zu zerstreuen - erfolglos, wie Teilnehmer berichten: Den Beteuerungen Depenbrocks, dass für das Haus in Abwandlung des Springer-Slogans "Online first" künftig das Gegenteil, nämlich "Print first" gelten soll, mochten ihm die wenigsten abnehmen. "Das Problem ist, dass Depenbrock im Moment um die Redaktion herumspart, was aber - siehe Netzeitung - natürlich trotzdem heftige Auswirkungen auf uns hat", sagte ein Mitarbeiter.

Auch David Montgomery wurde am Donnerstag zu den Vorgängen in Berlin befragt - er war in Amsterdam, wo ein Europäischer Betriebsrat für den Gesamtkonzern gegründet wurde. Doch Montgomery sagte lieber - nichts.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.