Kamerun verbietet Verbraucherorganisation: Kritiker werden mundtot gemacht

Am Tag der Menschenrechte wurde in Kamerun geprügelt und geschlagen. Eine Demonstration gegen Korruption wurde mit massiver Polizeigewalt beendet.

BERLIN taz Was Korruption und Polizeigewalt angeht, ist Kamerun vorn: regelmäßig steht es weit oben auf Ranglisten der korruptesten Länder der Welt, und erst im Februar erschossen kamerunische Sicherheitskräfte über 100 demonstrierende Jugendliche. So wundert es kaum, wenn eine Demonstration gegen Korruption in Kamerun mit massiver Polizeigewalt zerschlagen wird. Ausgerechnet am Internationalen Tag der Menschenrechte wurden auf diese Weise einige der bekanntesten Zivilgesellschaftler Kameruns niedergeknüppelt und verhaftet. Ihre Organisation ACDIC (Association Citoyenne de Défense des Intérêts Collectifs - Bürgervereinigung zur Verteidigung kollektiver Interessen), als Vorreiter im Kampf für Bauern- und Verbraucherrechte respektiert, wurde von den Behörden geschlossen.

"Die Polizei hat uns angegriffen, geschlagen und viele festgenommen, darunter unseren Präsidenten Bernard Njonga. Unser Büro ist versiegelt und von Militär und Polizei umzingelt", berichtete ACDIC-Geschäftsführer Jacob Kotcho dem Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), der ACDIC unterstützt. Gestern wurden die Festgenommenen dem Haftrichter vorgeführt.

Die Demonstration in Kameruns Hauptstadt Yaoundé richtete sich gegen die Veruntreuung von Subventionen für Kameruns Bauern durch Regierungsbeamte. Ein ACDIC-Untersuchungsbericht behauptet, dass allein in diesem Jahr 62 Prozent der Fördergelder für Maisbauernkooperativen bei fiktiven Empfängern gelandet seien, hinter denen sich Mitarbeiter des Agrarministeriums befänden. Seit 2006 seien auf diese Weise über 1,2 Milliarden CFA-Francs (knapp zwei Millionen Euro) verschwunden.

Am 3. Dezember war eine Pressekonferenz im Hilton-Hotel der Hauptstadt, auf der dieser Bericht vorgestellt werden sollte, verboten worden, ebenso ein für den 10. Dezember geplantes "parlamentarisches Diner". Zu der ebenfalls verbotenen Demonstration kamen rund 500 Menschen. Als die Polizei die Kundgebung auflöste, verprügelte sie zahlreiche Teilnehmer; einige wurden schwer verletzt.

ACDIC ist über Kamerun hinaus in ganz Afrika bekannt. Im Jahr 2006 sorgte die Gruppe mit einer Massenkampagne dafür, dass Kameruns Regierung den Import gefrorenen Hühnerfleischs aus Europa, teils mit abgelaufenem Verfallsdatum, verbot - die Billigimporte hatten die heimischen Bauern in den Ruin getrieben. Diese Kampagne gab sozialen Bewegungen in anderen afrikanischen Ländern Auftrieb.

So sorgt die Knebelung von ACDIC auch international für Empörung. Marie-Hélène Aubert, Vizepräsidentin der paritätischen Parlamentarierversammlung der EU und der AKP-Staaten (Europas ehemalige Kolonien in Afrika, der Karibik und dem Pazifik), forderte Kameruns Regierung gestern zu einem "konstruktiven Dialog mit der Zivilgesellschaft auf, um mit den steigenden Lebensmittelpreisen umzugehen und eine Politik zur Unterstützung der kamerunischen Bauern zu entwickeln".

Dialog scheint Kameruns Regierung aber nicht zu interessieren. Am Sonntag wurde ein Sternmarsch aus mehreren Städten nach Yaoundé, um gegen die rapide steigende Zahl von Verkehrstoten in Kamerun zu demonstrieren, am Stadtrand von Anti-Aufstands-Polizei umzingelt und gestoppt. Am Montag wurden zwei katholische Priester in Kameruns größter Stadt Douala sieben Stunden lang von der Polizei festgehalten und schwer misshandelt, weil sie sich über die Sperrung einer zentralen Brücke aufgeregt hatten, die den Verkehr in der Millionenstadt zusammenbrechen ließ. Dort sollte nämlich der Premierminister entlangfahren. Bürger in seiner Nähe sind aus Polizeisicht offenbar zu gefährlich.

DOMINIC JOHNSON

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